Technische Produktliteratur als Instrument der Markenkommunikation – das iaim vertreten auf der EUKO 2019  

Die diesjährige 19. internationale Jahrestagung des Forschungsnetzwerks „Europäische Kulturen in der Wirtschaftskommunikation“, kurz EUKO, die diesen Herbst in Wien stattfand, beschäftigte sich mit der Mobilität als ein Hauptcharakteristikum des aktuellen Wirtschaftslebens. Referentinnen, Referenten und Teilnehmende aus ganz Europa diskutierten über die Mobilität von Unternehmen, Personen und Produkten sowie die Mobilität von und in Sprache und Kommunikation.

Prof. Dr.-Ing. Michael Schaffner (Foto: FOM)

Die FOM Hochschule wurde vertreten durch Prof. Dr.-Ing. Michael Schaffner vom Institute of Automation & Industrial Management (iaim) mit seinem Beitrag „Technische Produktliteratur als Instrument der Markenkommunikation“. Sein Beitrag baute auf der These auf, dass die digitale Transformation in der Investitionsgüterindustrie auch eine Mobilität der Information im Allgemeinen und der technischen Produktliteratur im Besonderen nach sich zieht. Zu nennen sind hier beispielsweise Betriebs-, Wartungs- und Servicedokumentationen. Konkret ging Prof. Schaffner auf die Mobilität der technischen Produktinformation entlang des Produktlebenszyklus von Investitionsgütern ein – einerseits im Kaufprozess, andererseits in verketteten Öko-Systemen.

Im Kaufprozess von Investitionsgütern gehört die technische Produktliteratur zum After-Sales und sichert letztlich die Produktionssicherheit und -stabilität der Anlagen. Im Pre-Sales werden in erster Linie vertriebliche Hochglanzbroschüren eingesetzt, die aber nur bedingt auf die konkreten Handlungskontexte im operativen Betrieb eingehen. After-Sales-Dokumente sind oft im Pre-Sales (noch) gar nicht vorhanden. Könnten sich Nutzende aber bereits in der Vor-Kauf-Phase einen Eindruck über die Handhabung im Betrieb, bei Wartungs- oder Serviceeinsätzen machen, würde dies vermutlich den Kaufentscheidungsprozess unterstützen. After-Sales-Literatur würde so mit ihrem besonderen Informationsgehalt bereits einen Beitrag im Content-Marketing leisten und in der Customer-Journey überzeugende Argumente an den Touch-Points der Pre-Sales-Phasen liefern. Würde die technische Dokumentation zusätzlich bereits auf einer ontologisch verknüpften Content-Fragmentebene basieren, könnten die relevanten Handlungskontexte sogar computersimuliert werden. Vgl. hierzu auch Schaffner, M.: Industrie 4.0 – Technische Redakteure werden zu Semantikmodellierern; in: Hermeier, B.; Heupel, T.; Fichtner-Rosada, S. (Hrsg.): Arbeitswelten der Zukunft – Wie die Digitalisierung unsere Arbeitsplätze und Arbeitsweisen verändert, 2018, Wiesbaden: Springer Gabler, S. 107-129. Wir berichteten bereits mehrfach über diesen sehr gut angenommenen Sammelband, der mittlerweile schon über 300.000 Kapitel-Downloads verzeichnen konnte.

In verketteten Öko-Systemen von Industrie 4.0-Szenarien wird es zu allen Komponenten, Maschinen, Anlagen, Fabriken, Werkzeugen und Ersatzteilen je eine Verwaltungsschale in Form eines digitalen Zwillings geben, der ein Sammelcontainer für alle Informationen entlang des Produktlebens von der Entwicklung bis zur Entsorgung darstellt. Hier werden u. a. Entwicklungsdaten, Dokumentationen, Sensor-Verschleiß- und -Betriebsdaten, Stücklisten, Serviceinformationen etc. dynamisch aktualisiert vorgehalten und kontext-sensitiv z. B. über Sensorinformationen bereitgestellt – und zwar über die gesamte Wertschöpfungskette (Lieferant-Hersteller-Kunde) hinweg.

Wenn ein Maschinenhersteller dann in einem Industrie-4.0-Szenario von einem Lieferanten Produktkomponenten in die eigene Entwicklung oder ein Kunde von einem Maschinenhersteller ein Investitionsgut in die Produktionstopologie integrieren möchte, existiert die Verwaltungsschale bereits lange, bevor die Komponente oder das Produkt physisch verfügbar ist. „Auch hier wäre es zwingend notwendig, dass die heutige After-Sales-Literatur bereits als Pre-Sales-Literatur – und streng genommen sogar als Pre-Design-Literatur – zur Verfügung gehalten wird“, so der FOM Wissenschaftler, der an der FOM in Berlin forscht und lehrt.

Siehe zum Thema auch das Interview mit Prof. Schaffner zum Thema „Arbeitswelten der Zukunft“ und den Beitrag „Bewältigung von Widerstand bei digitaler Transformation“.

Die EUKO-Tagung wird im Jahr 2022 am FOM Hochschulzentrum Hamburg stattfinden. Organisiert und geleitet wird sie (erneut) durch Prof. Dr. Marcus Stumpf sowie von Prof. Dr. Silvia Boßow-Thies vom KCMS KompetenzCentrum für Marketing & Sales Management der FOM Hochschule.

Support Forschung | 03.12.2019