#silicon #values – Die Erfolgsgeheimnisse der Silicon Valley-Unternehmen
Heute: Kundenfantasien
02.11.2016 – In ihrem in der FOM-Edition erschienenen Sachbuch Silicon Valley als unternehmerische Inspiration entziffern Prof. Dr. Friederike Müller-Friemauth und Dr. Rainer Kühn, was die kalifornische Ökonomie antreibt. Die beiden Zukunftsforscher beschreiben das unternehmerische Konzept des Silicon Valley mit Blick auf die gesellschaftlichen Ziele jenseits von Quartalszahlen und den üblichen strategischen Planungshorizonten. Dabei werden Besonderheiten deutlich, welche die Valley-Unternehmen für Europäer so erstaunlich und fremd wirken lassen – Denkmuster, die im etablierten ökonomischen Diskurs außergewöhnlich sind. Worum es dabei geht, offenbaren sie in Form des „Geheimnisverrats“…
Liegt das Erfolgsgeheimnis des Valley in den Fantasien, die es auslöst bezüglich der Welt von morgen?
Ja.
Nur die Ökonomen schauen fast ausschließlich auf die wirtschaftliche Potenz dieses Clusters und gruseln sich vor der nächsten Disruption. Die Kundenwelt indes beeindruckt etwas anderes: die Ahnung von nahezu unbegrenzten künftigen Möglichkeiten, von denen die meisten heute noch nicht einmal vorstellbar sind – und im Valley trotzdem vorweggenommen werden. Man will an dem Potenzial der Zukunft, für das Marken wie Apple oder Google für viele Menschen auf der Welt stehen, teilhaben; deshalb kauft man deren Produkte. Hier geht es nicht mehr um Nutzenversprechen, sondern um Sinnangebote.
Dieser Wechsel ist nicht leicht verständlich. Wirtschaft sei Wirtschaft sei Wirtschaft, so scheint es – und nicht Sinn. Für letzteren gebe es Kirchen und Religion, lautet das Credo. Nur stimmt das inzwischen nicht mehr. Der Weg in eine virtuelle Welt, um ein beliebiges Beispiel zu nennen, ist für Valley-Unternehmen selbstverständlich ein ökonomisches Projekt. Aber nicht für ihre Kunden. Für letztere ist es
- ein Erlebnis ohne Vergleich und Maßstab (mit dem weißen Hai schwimmen, mit Harry Potter zaubern, mit Alice hinter den Spiegeln Abenteuer bestehen. Und mit Apple in einem sinnlichen Multiversum die technologische Zukunft erkunden – und kaufen);
- Bewusstseinserweiterung – denn diese Erlebnisqualitäten entfernen sich vom Objektiven und nehmen Kurs auf unseren subjektiven Lebenshorizont; auf unseren Geist, unser Fühlen und Denken;
- und – vor allem – ein in der Menschheitsgeschichte komplett neuartiges Versprechen von Glück, das nicht mehr metaphysisch, sondern genuin physisch Und obendrein spirituelle Dimensionen beansprucht.
Dass sich Ökonomen lieber mit der Bedrohung „Valley“ als mit dem Faszinosum „Valley“ beschäftigen, sagt nichts über das Valley, aber eine Menge über die Begrenztheit des etablierten ökonomischen Denkens. Die Ökonomie im 21. Jahrhundert ist längst zu einem Sehnsuchtsort des Menschlich-Allzumenschlichen geworden – auch, wenn sie immer noch einseitig als Kapitalisierungssystem verkauft wird. Wir müssen uns davon nicht blenden lassen, sondern können die ökonomische Welt auch anders gestalten: eigenständig, nach von uns gewollten, europäischen Maßstäben.
Damit endet vorerst unsere Reihe über die Geheimnisse des Valley. Bisher erschienen sind Kollaboration,Planung,Technologie-Kompetenz, Digitalisierung und Ideen.
Das Sachbuch Silicon Valley als unternehmerische Inspiration ist in der FOM-Edition bei Springer Gabler erschienen.
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