Erleichterung intralogistischer Arbeitsabläufe durch Ergonomieunterstützung und Automatisierungstechnik – Evaluierungsprojekt abgeschlossen
Intralogistische Tätigkeiten, bei denen Personen beispielsweise Schweres heben müssen, können auf Dauer zu Muskelskelett- und weiteren Erkrankungen führen. Ziel des 2020 abgeschlossenen Projektes mit dem Kurztitel „ADINA“ war zu eruieren, welche Arten von Ergonomieunterstützung und Automatisierungstechnik solche Tätigkeiten erleichtern können.
ADINA steht für „Automatisierungstechnik und Ergonomieunterstützung für innovative Kommissionier- und Umschlagkonzepte der Logistik“. Im Rahmen des Projektes wurden Unterstützungsmöglichkeiten für körperlich schwere Arbeiten analysiert und herausgearbeitet, wie diese in spezifische intralogistische Anwendungsfelder implementiert werden können. Mittels Technologie-Screening und Marktübersicht haben sich die Forschenden in dieser noch recht jungen Technologiesparte einen Überblick über verfügbare Technologien, Kosten und Zertifizierungen verschafft, was in einer intensiven Beschäftigung mit Exoskeletten mündete. Dabei handelt es sich um mechanische Stützgeräte, die körperliche Arbeiten erleichtern und die man anziehen oder umschnallen kann.
Bei der Untersuchung fokussierte das Projektteam aufgrund der Erschwinglichkeit für die Unternehmenspraxis schließlich insbesondere zwei passive, also mit Muskelkraft kombinierbare Exoskelett-Technologien, die den unteren Rücken beim Heben von Lasten sowie beim Vorbeugen unterstützen. Diese Eigenschaften qualifizierten sie für spezifische Anwendungsfälle bei den drei Praxispartnern Bohnen Logistik (Duisburg), EJOT (Bad Berleburg) und Fiege Logistik (Grafschaft).
Durchgeführt wurde das Projekt am Institut für Logistik- & Dienstleistungsmanagement (ild) der FOM Hochschule unter der wissenschaftlichen Leitung des stellvertretenden Direktors Prof. Dr. Thomas Hanke. Das ild kooperierte dabei mit den beiden Forschungspartnern Zentrum für Logistik und Verkehr (ZLV) der Universität Duisburg-Essen sowie Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML).
Untersuchungsdetails
Die Untersuchungen wurden zwischen den sechs beteiligten Institutionen und Unternehmen aufgeteilt. Sie fanden im Labor sowie im Realbetrieb statt. Über die gesamte Projektlaufzeit gab es zwei Implementierungsphasen, in denen die ausgewählten Exoskelette jeweils bei den drei Praxispartnern getestet wurden. Nach einer Einführung wurden die Exoskelette zunächst stundenweise getragen. Die Tragezeit wurde täglich erhöht, so dass sie schließlich über die Gesamtzeit einer Acht-Stunden-Schicht getragen werden konnten.
Ergebnisse
Die Forschenden fanden heraus, dass die getesteten passiven Exoskelette grundsätzlich eine ergonomische Unterstützung ermöglichen. Dies gelte insbesondere bei einem bestehenden Höhenunterschied zwischen der Entnahme- und Ablagestelle von Waren und Packstücken. Ebenfalls gelte es für häufige tiefe Beugungen bzw. zahlreiche Streckungen des Oberkörpers bei der manuellen Lastenhandhabung innerhalb logistischer Kommissionierprozesse.
Wichtig sei, dass die Geräte fest am Körper sitzen und nicht durch vermehrte Schweißbildung verrutschen, damit sie die Nutzenden unterstützen anstatt sie beim Arbeitsprozess zu behindern und auch deren Haut nicht aufreiben. Man müsse darauf achten, Druckstellen zu vermeiden. Die Geräte sollten zudem an unterschiedliche Physiognomien angepasst werden können.
Auf Basis des Feedbacks aus dem Projekt wurden nun herstellerseitig Anpassungen zur Verbesserung der Technologie vorgenommen, beispielsweise durch weitere Einstellmöglichkeiten bezüglich der Passform.
Handlungsempfehlungen und Forschungsausblick
„Aktuell untersuchen Unternehmen in Produktion und Logistik Anwendungsmöglichkeiten unterstützender Technologien und deren Entwicklungspotenziale. Der Verwendungszweck und eine mitunter hoch erscheinende Investitionen in die Technologien wird sehr genau geprüft. Hierfür haben wir im Projekt ADINA Handlungsempfehlungen erarbeitet“, so FOM Wissenschaftler Hanke. „Das Thema bietet weitere spannende Forschungsansätze, etwa in der Frage, ob sich die Technik an die Arbeitsabläufe anpassen soll oder umgekehrt die Prozesse an bereits bestehende und erprobte technische Lösungen, wie wir sie beispielsweise bei den Exoskeletten untersucht haben.“
Schwere körperliche Tätigkeiten gebe es jedoch nicht nur in Produktion und Logistik. Weitere Anwendungsbeispiele ließen sich etwa im Bereich der Pflegeberufe finden. Tätigkeiten fänden auch hier häufig in vorgeneigter oder gebückter Haltung statt und mit zum Teil schweren Lasten, beispielsweise beim Transfer der Patientinnen und Patienten vom Rollstuhl ins Bett. Auch hier, so Hanke weiter, könne durch Ergonomieunterstützung Belastungsabhilfe geschaffen werden. Nicht zuletzt seien es aber auch Schulungen und Trainings, mit denen eine Körperhaltung gezielt verbessert werden könne. Auch sollten insgesamt Arbeitsbedingungen auf die physiologischen Bedürfnisse des Menschen angepasst werden, um schädigende Bewegungsmuster von vornherein zu vermeiden.
Das Projekt ADINA, das vom 01.07.2017 bis 31.07.2020 durchgeführt wurde, wurde gefördert aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung.Die Förderung erfolgte im Rahmen der EFRE-Förderung NRW (2017-2020), Leitmarktwettbewerb Logistik.NRW.
Yasmin Lindner-Dehghan Manchadi M.A. | Referentin Forschungskommunikation | 03.02.2021
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