Internationale Drittmittelprojekte unter schwierigen Bedingungen – Teil 2: Wissenschaftlicher Austausch und Networking  

» In Teil 1 dieser Serie ging es um das Thema Verbreitung und Transfer.

Bis Anfang 2020 waren transnationale Projekttreffen in internationalen Drittmittelprojekten üblich. Es gehörte zum normalen Prozedere im Rahmen dieser Projekte, dass Forschende reihum an ihre Universitäten und Hochschulen einluden, um sich persönlich zu auszutauschen und ihre Projekte voranzubringen. Solche Aktivitäten waren für das Jahr 2020 beispielsweise auch im Projekt „Competences in Health Network Management (Com.HeNet)“ geplant. Doch nun ist alles anders und die Forschenden fragen sich: Wie können wir verfahren, um nicht nur als transnationales Team zusammenzuwachsen, sondern vor allem auch effektiv zusammenzuarbeiten? Sie machten sich auf die Suche nach Antworten.

Das Com.HeNet-Projektteam während des virtuellen transnationalen Projekttreffens am 8. September 2020 | © FOM/Yvonne Behrens

Das Projekt Com.HeNet hat zum Ziel, Curriculum-Module für die Ausbildung zum „Regional Health Network Manager“ nach europäischem Standard zu entwickeln. Im international zusammengesetzten Team aus den Ländern Bulgarien, Österreich, Polen, Spanien, Ungarn und Deutschland werden länderspezifische Kompetenzprofile für diese für die Gesundheitssysteme wichtige Tätigkeit erhoben und anschließend in ein länderübergreifendes Profil überführt. Ansätze für diese Tätigkeit gibt es zwar bereits teilweise, jedoch nicht in jedem europäischen Land. Außerdem existiert bisher keine einheitliche Ausbildung für einen regionalen Gesundheitsnetzwerkmanager. Interessierte können zwar weiterbildende Veranstaltungen besuchen, diese sind jedoch nicht speziell auf die Bedürfnisse regionaler Gesundheitsnetzwerkmanager zugeschnitten.

Aktuell tauscht sich das Projektteam zwar regelmäßig via E-Mail oder Videokonferenzen über die jeweiligen Entwicklungen im Projekt aus, jedoch waren transnationale Projekttreffen in den Partnerländern ebenfalls als fester Bestandteil des Projektes geplant und auch so im Projektantrag verankert. Solche Treffen sollten zweimal jährlich für jeweils drei Tage stattfinden. Sie bieten in der Regel Raum für wissenschaftlichen Austausch und die Vertiefung der persönlichen Beziehungen im Projektteam. „Meiner Erfahrung nach steigert sich mit dem Grad der persönlichen Bindung im Projektteam die Qualität der Projektergebnisse“, stellt die die wissenschaftliche Gesamtkoordinatorin von Com.HeNet Yvonne Behrens M.A. fest.

Das ursprünglich für Mai geplante Präsenztreffen in Bulgarien musste jedoch virtualisiert werden und fand in dieser Form im September 2020 statt. An dieser Stelle ergaben sich für die Teilnehmenden die Fragen: Wie können Videokonferenzen für den persönlichen Austausch geöffnet werden? Und wie sollte das Treffen gestaltet werden, um die Qualität der Diskussionen auf einem den Präsenztreffen entsprechenden hohen Niveau zu halten? Denn es muss auch beachtet werden, dass die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne eines Teilnehmenden von Videokonferenzen bei lediglich 10 Minuten liegt (vgl. Prossinagg, R. (2020): Vier Hebel für die erfolgreiche Moderation virtueller Meetings und Workshops).

Die Antworten, die sich das Com.HeNet-Projektteam erarbeitete, sind: Ein virtuelles transnationales Projekttreffen bedarf sehr guter Vorbereitung, um den wissenschaftlichen Austausch bestmöglich zu fördern. Damit das Projektteam sich bereits vor der Videokonferenz auf die Beiträge der Partner vorbereiten konnte, erhielten alle eine kurze Zusammenfassung aller Ergebnisse aus der ersten Projektphase.

Der zeitliche Ablauf eines virtuellen Meetings sollte gut geplant werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass die einzelnen Sequenzen nicht zu viel Zeit beanspruchen. Zudem sollten regelmäßige Pausen eingeplant werden, um den Teilnehmenden Raum zur Erholung zu bieten. Das virtuelle transnationale Projekttreffen von Com.HeNet beinhaltete beispielweise eine einstündige Mittagspause. Dies ermöglichte, dass das Team entspannt und aufnahmefähig in den zweiten Veranstaltungsteil starten konnte. Es empfiehlt sich, die Moderation bzw. Sprecher regelmäßig zu wechseln. Dies hält die Videokonferenz lebendig. Im Fall des virtuellen Com.HeNet-Treffens wurde die Moderation durch die jeweilige Leitung der einzelnen Intellectual Outputs übernommen. Die Arbeit mit Präsentationen während der Videokonferenz erhöht die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden, da es die Nachverfolgung des Vortrags vereinfacht. Zur Protokollierung der Veranstaltung ist es nützlich, das Treffen aufzuzeichnen. Aus Datenschutzgründen sollte dies vorab mit allen Teilnehmenden abgestimmt werden.

Und wie erreicht man nun die persönliche Komponente in einer Videokonferenz? – Das Team des ifgs Institut für Gesundheit & Soziales der FOM lud vor Beginn des transnationalen Projekttreffens zu einer virtuellen Kaffeerunde ein. Die Partnerinnen und Partner bereiteten sich dazu an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz einen Kaffee zu und kamen so zum Videochat zusammen. In dieser Zeit konnte über allgemeine Themen gesprochen werden. Im späteren Verlauf rückten das wissenschaftliche Arbeiten und die Organisation des Projekts in den Fokus. Durch diesen besonderen Start, war auch diese Phase durch eine offene Atmosphäre geprägt. In diese Karten gespielt hat dem internationalen Team sicher nicht zuletzt, dass es sich im Jahr 2019 bereits persönlich in Wien getroffen hat und so eine persönliche Bindung aufbauen konnte. „So bleibt diesem und allen weiteren internationalen Projektteams zu wünschen, dass transnationale Projekttreffen bald wieder face-to-face möglich sein werden, denn der interpersonelle Aspekt in Teams spielt immer eine wichtige Rolle“, so der EU-Referent der FOM Gerrit Landherr.

Mehr Informationen zum Projekt Com.HeNet gibt es auf der Projekt-Homepage www.fom.de/comhenet.

Das Projekt wurde (teilweise) aus dem ERASMUS+ Programm der Europäischen Union unter der Projektnummer 2019 1 DE01 KA203 005025 finanziert. Weder die Europäische Kommission noch die Nationale Agentur für EU-Hochschulzusammenarbeit DAAD sind für den Inhalt verantwortlich oder haften für Verluste oder Schäden, die durch die Verwendung dieser Ressourcen entstehen.

Prorektorat Forschung | 17.11.2020