Automatisierte Vermögensverwaltung „Robo-Advisory“ – FOM Absolvent stellt Studie auf Konferenz in Barcelona vor  

Cam-Duc Au MBA ist Absolvent der FOM Hochschule und Research Fellow am isf Institute for Strategic Finance. Seit 2008 arbeitet er für die Commerzbank AG, ist im Bereich „Big Data & Advanced Analytics“ als Business Analyst tätig und durchläuft derzeit ein konzernübergreifendes, internationales Entwicklungsprogramm zum Digital Banking Expert.

FOM Absolvent und Research Fellow auf der „International Conference on Applied Research in Management, Business and Economics” (ICARBME) an der Universitat Pompeu Fabra (UPF) in Barcelona (Foto: privat)

2018 hat er sein berufsbegleitendes Master-Studium am FOM Hochschulzentrum Düsseldorf abgeschlossen und strebt ab dem Wintersemester eine nebenberufliche Promotion an. Gemeinsam mit Prof. Dr. Alexander Zureck, wissenschaftlicher Koordinator des isf, hat er im Rahmen seiner Master-Thesis zum Thema Robo-Advisory geforscht.

Dabei handelt es sich um eine qualitative Studie anhand von Experteninterviews mit Vertretern und Vertreterinnen aus Banken, Vermögensverwaltungen, Robo-Advisors, Family Offices und Managementberatungen. Der Fokus lag auf dem disruptiven Potential von Robo-Advice für das traditionelle Wealth Management-Geschäft von Banken und Vermögensverwaltungen.

Die allgemeine Digitalisierungswelle verändert die traditionelle Bankenlandschaft. Robo-Advisory als ein Beispiel für diese Veränderungen, bietet einen größtenteils automatisierten Beratungsprozess für die digitale Vermögensverwaltung. Hierbei übernehmen Algorithmen sowohl die Erstellung als auch die Überwachung der Portfolien.

Aufgrund des Niedrigzinsniveaus erfreuen sich Robo-Advisors weltweit – und vor allem in Deutschland – immer größerer Beliebtheit. Laut Expertenschätzungen wird 2020 ein digital verwaltetes Vermögen von weltweit 440 Milliarden Dollar erwartet. Aktuell liegt das digital verwaltete Volumen in Deutschland im niedrigen einstelligen Milliardenbereich und zeigt somit deutliches Potential für die Zukunft.

Die Studie trägt insbesondere zum Forschungsstand für den deutschen Markt bei. Die sonstige Literatur stammt zu einem Großteil aus den USA und bietet entsprechend nur Forschungsergebnisse zum dortigen Markt.

Herausgefunden haben die FOM Forscher folgende Fakten:

  • Robo-Advice wirkt sich bereits disruptiv auf das Retail-Geschäft der traditionellen Banken in Deutschland aus (im internationalen Vergleich besteht nach wie vor starkes Aufholpotential).
  • Aufgrund der noch vorhandenen technischen Limitierungen ist die Disruption noch nicht maßgeblich in das Geschäft mit High-Net-Worth-Individuals (HNWI) vorgedrungen (z. B. keine Allfinanzberatung wie Steuerthemen oder Nachlassplanungen möglich, generell geringe Möglichkeiten der Individualisierung).
  • Robo-Advisors sind häufig nicht günstiger als ihr menschliches Pendant (Analogie zu Ergebnissen der Stiftung Warentest 2018).
  • Robo-Advisors müssen sich noch nachhaltig in negativen Börsenzeiten behaupten.
  • Der Robo-Markt befindet sich aktuell in einer Konsolidierungsphase (siehe z. B. Rückzug von Santander Bank oder Prospery).
  • Um die Konsolidierungsphase zu überstehen, müssen hochvolumige Assets zur Geschäftsskalierung eingesammelt werden, wodurch das Geschäft mit HNWI stärker in den Fokus rücken müsste. Dies ist allerdings bei vielen Anbietern noch nicht der Fall aufgrund des standardisierten Angebots und der strategischen Ausrichtung auf das Retail-Geschäft („Scaling-Strategy-Paradox“).
  • Kundenbedarf nach Robo-Advice ist grundsätzlich in allen Altersklassen vorhanden, insbesondere ab der Generation Y.
  • Aufgrund des anstehenden Generationenwechsels ist Robo-Advice als zusätzliches Serviceangebot für traditionelle Banken unverzichtbar, um zukünftiges Geschäft zu sichern und Kosten durch Regulierungen zu senken.
  • Banken können bestehende Unternehmensstrukturen nutzen, um Kostenvorteile gegenüber Angeboten von FinTechs bzw. Startups zu erreichen.
  • Banken verfügen über breite Kundenbasen und hohes Vertrauen aufgrund langjähriger Historien und Erfahrung. Das könnten und sollten sie als Vorteil gegenüber jungen Marktteilnehmenden ausspielen.
  • Robo-Advice muss sich weiterentwickeln zu einem digitalen „Intelligent Wealth Management“, z. B. durch ein modulares Angebot, hohes Maß an Individualisierung sowie hybride Servicemöglichkeiten.

„Robo-Advice in Deutschland hat bereits einen spürbaren disruptiven Effekt auf das Retail-Geschäft von Banken. Sie müssen daher gegensteuern und auch eine digitale Lösung anbieten, um nicht weitere Marktanteile zu verlieren und um ihre Zukunftsfähigkeit zu behalten. Das Geschäft mit HNWI wird von Robo-Advisors noch nicht stark beeinflusst“, fasst Zureck die Ergebnisse der Studie mit dem Titel “The Disruptive Potential of Robo-Advisory on the Wealth Management Business Model of Banks” zusammen.

Diese hat Au im April auf der „International Conference on Applied Research in Management, Business and Economics”, kurz: ICARBME, vorgestellt. „Es war eine sehr wertvolle Erfahrung, unsere Forschungsergebnisse vor einem internationalen Publikum in Barcelona vorzustellen zu dürfen. Die Konferenzteilnehmenden brachten Robo-Advice bis dahin meist mit Anbietern auf dem amerikanischen Markt in Verbindung, aber man kann bekanntermaßen unsere deutsche Sparermentalität nicht mit der amerikanischen Investmentaffinität vergleichen. Daher hatten wir einen sehr spannenden Fachaustausch zum Marktpotential und Einfluss von Robo-Advice“, resümiert er seine Konferenzteilnahme.

Die Studie wird auch beim 5. Finanz-Forum an der FOM in Berlin am 9. Mai 2019 vorgestellt

Yasmin Lindner-Dehghan Manchadi M.A. | Referentin Forschungskommunikation | 06.05.2019