Fachtagung zur Digitalisierung im Gesundheitswesen: Deutschland dümpelt hinterher  

Warum kommt der digitale Hype nicht im Gesundheitswesen an? Um diese provokante Frage ging es beim dritten Symposium „eHealth & Society“ an der FOM Hochschule in München. Zahlreiche Experten beleuchteten das so wichtige gesellschaftliche Thema aus verschiedenen Blickwinkeln. Dass Digitalisierung für ganz unterschiedliche Akteure des Gesundheitswesens relevant ist, zeigte die große Zahl von über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Ärzteschaft, der Pflege, der Informatik und von Krankenkassen.

Über 200 Teilnehmende diskutierten und informierten sich an der FOM über die Digitalisierung im Gesundheitswesen (Fotos: FOM/Christian Vogel)

Mit dem Titel „Der digitalisierte Mensch im Potenzialfeld von Klinik und Praxis“ legten die FOM Hochschule, der Medizinische Dienst der Krankenkassen in Bayern, das Städtische Klinikum München und die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt als Ausrichter der Veranstaltung bewusst den Finger in eine Wunde. Denn während die Digitalisierung im Gesundheitswesen anderer europäischer Länder bereits deutlich vorangeschritten ist, dümpelt Deutschland diesbezüglich eher vor sich hin – und den Nachbarstaaten hinterher.

Prof. Dr. habil. Manfred Cassens, Direktor des ifgs Institut für Gesundheit & Soziales der FOM Hochschule

Es ist bei Weitem nicht nur die elektronische Gesundheitskarte, die für Unbehagen unter den Experten sorgt. „Eine Vielzahl von Beiträgen in Fachzeitschriften weist auf die zahlreichen Probleme hin, die wir im Rahmen unseres Symposiums gebündelt aufzeigen wollten“, so Prof. Dr. habil. Manfred Cassens, Direktor des ifgs Institut für Gesundheit & Soziales der FOM Hochschule. Spitzenvertreter von vier großen Krankenkassen waren ebenso vertreten wie Verantwortliche der Kassenärztlichen Vereinigung, der Pflegenden in Bayern sowie großer Kliniken.

Dr. Axel Fischer, Städtisches Klinikum München, spricht beim Symposium „eHealth & Society“ am FOM Hochschulzentrum München

„Wir sehen ein großes Problem in den Insellösungen, die jedes Klinikum für sich entwickelt und deren Ergebnisse nicht im gesamten Gesundheitssystem ankommen“, erläuterte etwa Dr. Axel Fischer vom Städtischen Klinikum München. Das Dilemma dieser Insellösungen sei, dass sie meist nur für sich allein funktionierten. Hier werde die Politik zeitnah handeln müssen, um das Versorgungsniveau für allen Kliniken sicherzustellen, mahnte der Experte.

Dass die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen regelrecht ausgebremst wird, ist – so lautet das zentrale Ergebnis der Tagung – fünf Kernbereichen zuzuschreiben. Zum einen sorgt die fehlende Finanzierung der Infrastruktur dafür, dass nur inselhafte Einzellösungen auf Projektniveau zustande kommen. Zweitens wurde als Problem identifiziert, dass durch die Einführung einer einheitlichen elektronischen Gesundheitskarte Insellösungen einzelner Kliniken verhindert werden sollten. Drittens ist davon auszugehen, dass eine reine Online-Behandlung in Deutschland auch zukünftig nicht gewünscht ist – weder von Patienten noch von Ärzten. Viertens sollten soziale Faktoren beachtet werden, insbesondere die sehr unterschiedliche regionale Verfügbarkeit von IT-Infrastrukturen und ebenso die Nutzungsgepflogenheiten, die bezogen auf die soziale Schicht sehr unterschiedlich ausfallen. Und abschließend gilt es zu bedenken, dass aktuell diverse Datensilos verschiedener Stakeholder existieren und nicht „einfach so“ zusammengeführt werden können.

Fest steht schon jetzt: Digitalisierung im Gesundheitswesen wird als Thema spannend bleiben. Das nächste Symposium „eHealth & Society“ an der FOM Hochschule in München ist für Februar 2019 geplant.

 

08.03.2018