„Betriebliches Gesundheitsmanagement ist eigentlich ein Change Management Prozess“
05.05.2017 – „Erfolgsfaktor Gesundheit“ lautete das Oberthema beim Unternehmer-Forum der IHK für Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen zu Essen am 2. Mai. Zu den Referenten zählte Prof. Dr. Arnd Schaff. In seinem Vortrag erläuterte der FOM Wissenschaftler des ifgs Institut für Gesundheit & Soziales, warum Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Praxis meist kein Erfolg ist und wie sich das ändern lässt. Die wichtigsten Punkte seiner Ausführungen fasst er im Blog zusammen.
Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) funktioniert in den meisten Fällen nicht. Zumindest nicht so, wie es sich die Geschäftsleitungen zu Beginn erhofft haben. Entweder ziehen die Mitarbeitenden nicht so richtig mit. Oder es melden sich wieder mal diejenigen an, die das Gesundheitsprogramm sowieso nicht brauchen. Oder die Kennzahlen werden schlechter, und die Krankenquote steigt plötzlich.
Für diese Erfolgslosigkeit gibt es viele Gründe. Meine These dazu: Es reicht bei weitem nicht aus, BGM als eine Summe von gesundheitsorientieren Maßnahmen zu verstehen. Selbst wenn diese Maßnahmen passend ausgewählt, strukturiert umgesetzt und durch fähige Gesundheitsdienstleister durchgeführt werden. Denn: Betriebliches Gesundheitsmanagement ist eigentlich ein Change Management Prozess.
Change bedeutet, dass das Unternehmen oder die Organisation nachher fundamental anders aussieht als vorher. Bezogen auf das Thema Gesundheit muss das zum Beispiel bedeuten, dass Gesundheit durch BGM einen anderen Stellenwert bekommt, und zwar in der Kultur der Organisation. An dieser Stelle scheitert BGM bereits meistens – weil der unternehmerische Wert von Gesundheit und die Notwendigkeit einer gesünderen Belegschaft nicht erkannt oder unterschätzt werden. Gesundheit und Motivation hängen untrennbar zusammen – diese Tatsache wird oft ignoriert. Wenn sich eine Belegschaft zum Beispiel nur wenig an der Verbesserung der eigenen Gesundheit beteiligt, liegt die Frage nahe, wie es generell mit der Motivation aussieht. Daran schließt sich sofort die Frage nach der persönlichen Leistungsfähigkeit und auch dem Leistungswillen an – spätestens an dieser Stelle wird deutlich, an welchen fundamental wichtigen betriebswirtschaftlichen Grundlagen das Betriebliche Gesundheitsmanagement rührt. In vielen Fällen ist mangelnde Gesundheit eben nicht die Folge einer erhöhten persönlichen Disposition der Mitarbeitenden, zu erkranken – sondern genau wie gesunkene Motivation und Leistungsmangel ein Ausdruck eines Problems in der Führung, in der Unternehmenskultur oder den Prozessen.
Management ist die Aufgabe der Unternehmensspitze und der Führungsebenen. In fast jedem BGM Projekt tauchen Widerstände in unterschiedlichen Führungsebenen auf: Mal steht der Unternehmenslenker nur formal, aber nicht wirklich hinter dem neuen BGM Projekt (vielleicht, weil er nicht an die wirtschaftliche Notwendigkeit glaubt). Mal fühlen sich die nachgeordneten Führungskräfte von der neuen Aufgabe überlastet, die mit anderen Unternehmenszielen im Widerspruch zu stehen scheint. Die zur Verfügung stehende Zeit ist endlich, ebenso wie das Budget – so trivial wie diese Feststellung klingt, so oft wird sie ignoriert. Die Führungskräfte stehen dann im Spagat zwischen ihren (vermeintlich oft wichtigeren) unmittelbar betriebswirtschaftlichen Aufgaben und dem Gesundheitsprojekt.
BGM ist ein Prozess. In jedem guten Prozessmanagement ist es wichtig, Ziele zu setzen und mit Zeitvorgaben zu versehen – wer soll was bis wann erreicht haben. Insbesondere bei Aufgaben, die einen langen Atem benötigen (wie die Verbesserung der Gesundheit und Motivation), ist das wichtig. Ebenfalls wichtig sind Zwischenziele, deren Erreichen Auskunft darüber gibt, ob sich das Schiff noch auf dem richtigen Kurs bewegt. Gute Prozesssteuerung ist nur mit Kennzahlen erfolgreich – das gilt auch für das Betriebliche Gesundheitsmanagement. Der Veränderungsprozess muss sich in relevanten Kennzahlen abbilden und erkennen lassen. Diese Kennzahlen müssen sowohl die Veränderung selber (zum Beispiel Absentismus, Präsentismus, Motivation) als auch den BGM-Prozess (zum Beispiel Teilnahmequoten, Feedback zu Maßnahmen, Verbesserungsvorschläge) abbilden.
Betriebliches Gesundheitsmanagement ist ein Change Management Prozess. Wer das ernst nimmt und die Praxis erfolgreicher Change-Projekte als Grundlage für das nächste BGM-Projekt nutzt, wird mit ungleich höherer Wahrscheinlichkeit einen signifikanten Erfolg für das Unternehmen erreichen – in der Gesundheit der Mitarbeitenden, aber auch weit darüber hinaus im Unternehmensergebnis.
Prof. Dr. Arnd Schaff, ifgs Institut für Gesundheit & Soziales
Suche nach Beiträgen
Beitrag teilen
Forschungsstark und international beachtet: FOM Studierende setzen Impulse zur Positiven Psychologie am Arbeitsplatz
Positive Psychologie wird zunehmend relevant – auch in Unternehmen. Das jetzt erschienene Themenheft der Zeitschrift „Wirtschaftspsychologie“ greift diesen Trend auf: Neun wissenschaftliche Beiträge untersuchen ...
WeiterlesenVerbesserte Versorgung bei Lungenkrebs: DigiNet-Projekt nominiert für Gesundheitspreis
Das Forschungsprojekt (DigiNet) hat das Ziel, die Tumortherapie für Lungenkrebspatientinnen und -patienten zu optimieren. Die in » diesem Artikel veröffentliche Studie zeigt, dass Patientinnen und Patienten von der Versorgungsstruktur des nationalen Netzwerks profitieren und länger leben.
WeiterlesenNeue Regeln, klare Haltung: So sichert die FOM wissenschaftliche Qualität
Die Forschungsfreiheit ist in Deutschland grundrechtlich geschützt. Diese Freiheit bedeutet aber nicht, dass Forschungsprozesse ohne Regeln ablaufen. Wissenschaft lebt von Transparenz, Verantwortung und Qualität. Um die Qualität wissenschaftlicher Arbeit zu sichern, legt die wissenschaftliche...
Weiterlesen