Auch in Asien ein Thema: Die Digitalisierung des betrieblichen Gesundheitsmanagements  

Prof. Dr. Matusiewicz in Singapur
Prof. Dr. Matusiewicz in Singapur

26.07.2016 – Welche Potenziale bietet digitales betriebliches Gesundheitsmanagement? Dieser Frage sind Prof. Dr. David Matusiewicz und Linda Kaiser im Rahmen einer empirischen Analyse nachgegangen. Die Ergebnisse sind von internationalem Interesse: Ein gemeinsames Abstract des Direktors des ifgs Institut für Gesundheit & Soziales und der FOM-Absolventin wurde vom 27-köpfigen Program Committee der 5th Annual Global Health Conference angenommen. Mitte Juli reiste Prof. Dr. Matusiewicz zu dem entsprechenden Vortrag nach Singapur, über seine Erfahrungen berichtet er im Interview.

Erst einmal herzlichen Glückwunsch, dass Ihr Beitrag für den Kongress angenommen wurde. Wie waren die Resonanzen?

Prof. Dr. Matusiewicz: Unser Beitrag hat definitiv einen Nerv getroffen. Wir haben sehr viel Zuspruch erhalten. Zudem passte das Thema perfekt zur Opening Session der Konferenz. Dort ging es um die Digitalisierung des Gesundheitswesens sowie die Auswirkungen dieses Prozesses auf Gesundheitssysteme und Versorgung.

Wie lauten die wichtigsten Erkenntnisse Ihrer Analyse?

Prof. Dr. Matusiewicz: Dass digitales betriebliches Gesundheitsmanagement aktuell keine große Rolle spielt, sich das in den kommenden Jahren aber definitiv ändern wird. Vor allem aufgrund des demografischen Wandels. Bei einer immer älter werdenden Mitarbeiterschaft haben die Unternehmen Schwierigkeiten, neues Personal zu bekommen, und nutzen zunehmend mehr Ressourcen, um ihre aktuelle Belegschaft gesund zu halten. Dabei werden sie verstärkt auf betriebliches Gesundheitsmanagement und die dazugehörigen digitalen Instrumente setzen.

Welchen Mehrwert hat es gebracht, diese Ergebnisse auf einer wissenschaftlichen Konferenz zu präsentieren, die ein sehr breites Themenfeld abdeckt?

Prof. Dr. Matusiewicz: Es gibt dazu ein schönes Zitat von Eulenburg aus dem Jahre 1897 (Congressplaudereien eines Skeptischen): „Sind doch diese internationalen Congresse gleich jenen Weltausstellungen schon längst wesentlich nur ungeheure wissenschaftliche Messen oder Jahrmärkte, und erhält doch der Besuch dieser Jahrmärkte durch ihr Zusammentreffen mit der Ausstellung zugleich ein bequemes Mäntelchen, einen gern willkommen geheissenen, einladenden Vorwand.“ Ganz so skeptisch wie Eulenburg sehe ich es nicht. Zwar waren die Themen auf dem Kongress sehr heterogen, und auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus unterschiedlichen Ländern mit ganz verschiedenen Gesundheitsherausforderungen. Aber genau das treibt den wissenschaftlichen Diskurs voran. In der anschließenden Diskussion mit dem Plenum habe ich wichtige Erkenntnisse für die Einordnung unseres Vortrags und unserer Arbeit erhalten.

Das war nicht Ihre erste internationale Konferenz: Schon während Ihres Studiums haben Sie Station in Beijing und Bangkok gemacht. Während Ihrer Promotion waren Sie in Kanada, Australien und Neuseeland. Welche Kompetenzen sind da gefragt?

Prof. Dr. Matusiewicz: Diese Auslandsaufenthalte ziehen sich wie ein roter Faden durch meinen Werdegang und haben mich mitgeprägt. Gefragt ist dabei vor allem interkulturelle Kompetenz. Das heißt für mich, mit Menschen und Gruppen anderer Kulturen erfolgreich und angemessen zu interagieren. Es gibt high-context Länder wie Asien, bei denen sehr auf Körpersprache geachtet wird, und low-context Länder, bei denen mehr das gesprochene Wort zählt. Die Erfahrungen mit Menschen, Kultur und auch der Herangehensweise an wissenschaftliche Themen in anderen Ländern sind wichtige Erlebnisse, die kein Buch vermitteln kann. Deshalb kann ich FOM-Studierenden auch nur empfehlen, eigene Erfahrungen zu sammeln und beispielsweise den Weg über unsere internationalen Kooperationsprogramme zu gehen. In einer zunehmend geprägten globalen Welt und mit Blick auf die zunehmende Diversifikation in unserer Gesellschaft sind interkulturelle Kompetenzen wichtiger denn je.

Wie geht es mit den Ergebnissen Ihrer Arbeit jetzt weiter?

Prof. Dr. Matusiewicz: Das Thema digitales betriebliches Gesundheitsmanagement wird durch den demografischen Wandel und den (medizinisch-)technischen Fortschritt immer wichtiger. Aber auch für Gesundheitsmanagerinnen und -manager ist das BGM ein wichtiges Berufsfeld. Insbesondere dadurch geprägt, dass Arbeitsmedizinerinnen und -mediziner ebenso immer knapper werden, wird es in Zukunft mehr interdisziplinäre Teams in dem Bereich geben. Wir schreiben gerade im ifgs Institut für Gesundheit &Soziales an dem Buch „Digitales Betriebliches Gesundheitswesen“ zusammen mit rund 40 ausgewiesenen Autorinnen und Autoren aus Unternehmen, Krankenkassen, Forschung und Beratung, welches Anfang 2017 im Springer Verlag erscheinen wird. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Anfragen aus Unternehmen – aktuell sogar aus Automobilkonzernen und Industriebetrieben –, mit denen wir uns zu den Ergebnissen unserer Analyse austauschen.

Blick auf Singapur
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