Agile Haltung entwickeln, Methoden anwenden, Erfahrungen gewinnen – Ministerien durch FOM Projekt „Reallabor Agiles Arbeiten“ auf den Weg zur agilen Verwaltung gebracht
Das Forschungsprojekt „Reallabor Agiles Arbeiten“ ist abgeschlossen. Ziel war die Erprobung und Einführung agiler Arbeitsweisen in zwei NRW-Landesministerien. Der Weg dorthin führte über die Aktions- und Handlungsforschung (nach Richenhagen & Dick, 2019, s. unten).
Den Beschäftigten des Ministeriums für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (MWIKE) sowie des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) wurde ermöglicht, bei kurzfristigen und unerwarteten Veränderungen schneller und flexibler zu reagieren. Abgeleitet wurden zudem allgemeine Empfehlungen für die Einführung agiler Handlungsansätze und agiler Führung in der (öffentlichen) Verwaltung.
Das Projekt kombinierte Verwaltungspraxis und wissenschaftliche Analyse. Durch eine Bestandsaufnahme wurden geeignete Interventionen für unterschiedliche Zielgruppen – darunter Führungskräfte, Mitarbeitende, Gremien – in unterschiedlichen Formaten (virtuell, hybrid, Präsenz) abgeleitet, iterativ umgesetzt und evaluiert.
Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen zu fördernden und hemmenden Faktoren bei der Einführung und Anwendung agiler Arbeitsweisen, ergaben sich drei Interventionsphasen: Entwicklung eines agilen Mindsets, Vermittlung agiler Methoden und praktische Anwendung agiler Arbeitsweisen. Unterschiedliche Workshops ermöglichten die praktische Anwendung agiler Arbeitsweisen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Pilotabteilungen und -projekten.
Die Evaluation der über 60 Interventionen konnte in 7 Kategorien zusammengefasst werden: agiles Mindset, Hierarchie / Führung, Rahmenbedingungen („Leitplanken“), Methode Scrum, Methode Kanban, Methode Design Thinking und Multiplikationsmodelle. Als Ergebnis wurde festgehalten: Das Spannungsverhältnis von Bürokratie und Agilität kann nicht allein auf individueller Ebene in Form von Haltungs- und Methodentrainings aufgelöst werden. Dazu sind strukturelle bzw. legitimierende Änderungen innerhalb der Organisation nötig.
Aus der Evaluation wurden konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet:
Das abgeschlossene Projekt markiert den Anfang einer fortlaufenden Entwicklung und eines kontinuierlichen Wissentransfers innerhalb der beiden Ministerien sowie darüber hinaus. Folgende Fragestellungen sollten zur nachhaltigen Verankerung agiler Arbeitsweisen in der öffentlichen Verwaltung zukünftig hinterfragt werden, um die Chancen agiler Arbeitsweisen besser nutzen zu können:
- Ist die Hierarchie inklusive der jeweiligen Hausleitung bereit, die konkrete Umsetzung von Agilität zu unterstützen?
- Wie können die agilen Methoden Kanban und Design Thinking theoretisch fundiert in Dienstanweisungen überführt werden?
- Inwieweit sind Projekte im Kontext des Bürokratieansatzes in ihrem Ablauf tatsächlich geregelt?
- Welche organisatorischen Rahmenbedingungen können gefunden werden, um Projektabläufe in die Bürokratieorganisation einzubetten?
- Welche (technischen) Tools können in oberen Landesbehörden bereits genutzt werden? Welche Entwicklungen sind hier zu erwarten bzw. können diese in Richtung weiterer Angebote beeinflusst werden?
- Welche Möglichkeiten bestehen, um externe oder Inhouse-Beratung (ggf. ergänzt durch die oben skizzierten Multiplikationsmodelle) einzuführen?
- Welche Konzepte der Personalentwicklung zur Agilität bestehen bereits?
Die Projektergebnisse wurden auf einem Projektposter zusammengetragen. Dieses steht hier zum kostenfreien Download zur Verfügung. Ausführlichere Erkenntnisse werden über Publikationen veröffentlicht. Wir werden darüber auch hier im Wissenschaftsblog „FOM forscht“ informieren.
Literatur: Richenhagen, G. & Dick, M. (2019): Aktions- und Handlungsforschung in den Arbeitswissenschaften. In Gesellschaft für Arbeitswissenschaft e.V. (Hrsg.), Dokumentation des 65. Arbeitswissenschaftlichen Kongresses: Arbeit interdisziplinär. analysieren, bewerten, gestalten. GfA-Press. Online hier verfügbar (Download kostenpflichtig).
Das Projekt „Reallabor Agiles Arbeiten“ wurde vom01.03.2022 bis 31.07.2023 durch ein Projektteam des ifpm Institut für Public Management der FOM Hochschule (fom-ifpm.de) durchgeführt. Es wurde im Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalens (MWIKE) sowie im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalens (MKJFGFI) umgesetzt.


Corinna Höffner M.A. I Wissenschaftliche Mitarbeiterin der FOM Hochschule und Projektkoordinatorin im Projekt „Reallabor Agiles Arbeiten“ am ifpm | 28.08.2023
Suche nach Beiträgen
Beitrag teilen
Forschungsstark und international beachtet: FOM Studierende setzen Impulse zur Positiven Psychologie am Arbeitsplatz
Positive Psychologie wird zunehmend relevant – auch in Unternehmen. Das jetzt erschienene Themenheft der Zeitschrift „Wirtschaftspsychologie“ greift diesen Trend auf: Neun wissenschaftliche Beiträge untersuchen ...
WeiterlesenVerbesserte Versorgung bei Lungenkrebs: DigiNet-Projekt nominiert für Gesundheitspreis
Das Forschungsprojekt (DigiNet) hat das Ziel, die Tumortherapie für Lungenkrebspatientinnen und -patienten zu optimieren. Die in » diesem Artikel veröffentliche Studie zeigt, dass Patientinnen und Patienten von der Versorgungsstruktur des nationalen Netzwerks profitieren und länger leben.
WeiterlesenNeue Regeln, klare Haltung: So sichert die FOM wissenschaftliche Qualität
Die Forschungsfreiheit ist in Deutschland grundrechtlich geschützt. Diese Freiheit bedeutet aber nicht, dass Forschungsprozesse ohne Regeln ablaufen. Wissenschaft lebt von Transparenz, Verantwortung und Qualität. Um die Qualität wissenschaftlicher Arbeit zu sichern, legt die wissenschaftliche...
Weiterlesen