Wer glaubt an Verschwörungstheorien? Wer verbreitet diese und wer ist besonders empfänglich für sie?  

Die Entstehung und Relevanz von Verschwörungstheorien sowie eine mögliche Gegenwehr aus qualitativ-wissenschaftlicher Sicht wurden im Rahmen einer Tagung Ende November in Stuttgart diskutiert. Das KompetenzCentrum für Qualitative Forschung (KCQF) der FOM Hochschule hatte zu einer hybriden Forschungsveranstaltung Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen eingeladen.

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Warum glauben Menschen an Verschwörungstheorien und wer verbreitet diese? Welche Verschwörungstheorien gibt es zu Corona und inwiefern unterscheiden sich diese über kulturelle Grenzen hinweg? „Prof. Dr. Michael Butter von der Universität Tübingen zeigte in einer mitreißenden Keynote Antworten auf diese Fragen auf“, so Prof. Dr. Ulrike Schwegler, die das KCQF gemeinsam mit Prof. Dr. Gernot Schiefer wissenschaftlich leitet. So sei es beispielsweise so, dass Menschen Verschwörungstheorien verbreiten, einfach, weil sie vom Wahrheitsgehalt der Theorien überzeugt seien. Andere wiederum verbreiten Verschwörungstheorien gezielt, um Profit zu generieren oder zur politischen Instrumentalisierung. Ferner sei festzustellen, dass die Inhalte gerade auch im Hinblick auf Corona über kulturelle Grenzen hinweg variieren. In Deutschland dominiere das Narrativ, Corona gebe es nicht oder sei ungefährlich. In Frankreich oder Polen seien die Narrative ganz andere.

Der zweite Keynote-Speaker, Dr. Marius Raab von der Universität Bamberg, „verwies in seinem spannenden Vortrag auf den psychologischen Nutzen von Verschwörungstheorien und bezog diese Erkenntnisse ebenfalls auf die aktuelle Coronasituation“, berichtet Professor Schiefer. Der Nutzen bestehe daraus, dass Verschwörungstheorien ein Komplexitätsmanagement und Teilhabe an etwas Größerem ermöglichen sowie Handlungsoptionen suggerieren. Ferner würden sie das Bedürfnis nach Einzigartigkeit bedienen.

Weitere inspirierende Vorträge von Prof. Dr. Klaus-Jürgen Grün (Goethe Universität Frankfurt), Prof. Dr. Björn Zwingmann (Hochschule für Management und Recht Berlin) sowie von zwei Mitgliedern des KCQF, Prof. Dr. Ulf Dettmann und Prof. Dr. Gernot Schiefer, spannten einen Bogen auf von philosophischen Grundfragen über geschichtliche Zusammenhänge bis hin zu psychoanalytischen Interpretationen.

„Nicht nur die hervorragenden Referate, auch die Diskussionen und spannenden Gespräche in den Pausen verliehen der Tagung eine ganz besondere Note. Qualitative und quantitative Ansätze zur Erforschung von Verschwörungstheorien wurden erörtert und Impulse für weitere Forschungen gesetzt“, resümiert Professorin Schwegler.  „Es war ein hoch spannender Tag und hat viel Stoff zum Nachdenken über Verschwörungstheorien, Querdenkende und Co. gegeben. Es ist nicht alles so simpel wie es scheint, im Gegenteil…“, so eine der Teilnehmenden.

Yasmin Lindner-Dehghan Manchadi M.A. | Referentin Forschungskommunikation der FOM Hochschule | 20.12.2021