„Zum hier essen oder mitnehmen?“ – Steuerexperte vom KompetenzCentrum für Accounting & Taxation informiert zu steuerlichen Änderungen aufgrund der aktuellen Corona-Situation  

Die Frage, ob man seine Einkäufe „hier essen oder mitnehmen“ möchte, kennt jeder aus dem Imbiss, der Bäckerei oder der Metzgerei. Sie hatte bisher auch eine steuerrechtliche Komponente, bedeutete sie doch beim „Mitnehmen“ in der Regel gem. § 12 Abs. 2 UStG i. V. m. Anlage 2 einen Umsatzsteuersatz von 7 %. Wenn die Speisen und Getränke aber vor Ort verzehrt wurden, im Restaurant, an den Imbiss-Tischen und Co., dann erfolgt eine Besteuerung gem. § 3 Abs. 9 Satz 4 UStG, Abschnitt 3.6 Umsatzsteueranwendungserlass mit 19 % Umsatzsteuer.

Nunmehr hat das Bundeskabinett am 06.05.2020 mit dem Corona-Steuerhilfegesetz ein neues Entlastungspaket für Gewerbetreibende auf den Weg gebracht.

Werden Take-away-Speisen demnächst auch für die Kundinnen und Kunden günstiger? (Foto: FOM/Yasmin Lindner)

Dieses betrifft unter anderem auch die Besteuerung von Speisen an Ort und Stelle. Diese sollen nunmehr nur noch mit 7 statt 19 % Umsatzsteuer besteuert werden. (Getränke, die an Ort und Stelle verzehrt werden, sind von dieser Steuersenkung ausgeschlossen.)

Diese Regelung wird für sämtliche Verkäufe von Speisen gelten, die nach dem 30.06.2020 vorgenommen werden, und ist zunächst befristet bis zum 30.06.2021.

Die Auswirkungen dieser Regelung sind enorm, zunächst vor allem für die Gastronominnen und Gastronomen: „Ein Gewerbetreibender, eine Gewerbetreibende kann bei gleichem Bruttoverkaufspreis 12 % mehr Gewinn erzielen“, so Prof. Dr. Hans-Jörg Fischer vom KCAT KompetenzCentrum für Accounting & Taxation der FOM. Er ist Fachanwalt für Steuer-, Handels- und Gesellschaftsrecht, lehrt Steuer- und Wirtschaftsrecht an der FOM Hochschule in Mannheim und Karlsruhe und ist Sprecher des Hochschulbereiches Wirtschaft & Recht.

„Allerdings gibt diese Regelung dem Gewerbetreibenden auch die Möglichkeit, bei Speisen den Bruttoverkaufspreis um bis zu 12 % zu senken und damit durch einenniedrigeren Preismehr Kunden zum ‚Verzehr an Ort und Stelle‘ anzulocken“, so Prof. Fischer weiter. Denn trotz der beschlossenen Lockerungen in einigen Bundesländern ist die Bereitschaft, wieder „einzukehren“, nach wie vor zurückhaltend.

„Diese Regelung ist eine vernünftige Maßnahme zur Milderung der Folgen der Corona-Pandemie für die Gastronomie, in der Wirtschaftspraxis war die Unterscheidung zwischen 7 % und 19 % je nach Konsumort der Speisen ohnehin schwer nachvollziehbar“, so Prof. Fischer abschließend.

Weitere Änderungen im Steuerrecht in Bezug auf die Corona-Krise

Darüber, ob Corona-Soforthilfen versteuert werden müssen, hat er zudem kürzlich im Interview Auskunft gegeben. Nachzulesen ist es auf der Website der FOM Hochschule.

„Und es gibt weitere Änderungen: Einen Antrag auf zinslose Stundung von Steuerzahlungen in Bezug auf Einkommens,- Körperschafts- und Umsatzsteuer für drei Monate können Unternehmen bis zum 31.12.2020 stellen. Damit wird die Liquidität von Unternehmen angesichts wegbrechender Aufträge geschont“, so unser Experte. „Zudem verzichtet der Staat bis Ende 20020 auf Vollstreckungsmaßnahmen und gesetzlich anfallende Säumniszuschläge, sofern fällige Steuern nicht gezahlt werden. Steuervorauszahlungen bei Einkommens- und Körperschaftsteuern können schnell und unbürokratischherabgesetzt werden.“

In Bezug auf Sonderregelungen für Grenzpendlerinnen und -pendler aus einigen Staaten, insbesondere Luxemburg, Niederlande und Österreich informiert Professor Fischer: „Da diese wegen der Corona-Pandemie nicht an ihrem deutschen Arbeitsort, sondern im Homeoffice im anderen Staat tätig werden mussten, besteht bei Grenzpendlern aus Luxemburg, den Niederlanden und Österreich die Gefahr, dass durch die Tätigkeit im anderen Staat eine stärkere Besteuerung im Wohnsitzstaat und eine geringere Besteuerung im Tätigkeitsstaat erfolgen könnte. Um dies zu lösen, wird die Bundesrepublik Deutschland mit den betreffenden Staaten jeweils bilaterale Regelungen herbeiführen, nach diese Pendlerinnen und Pendler für die Zeit ihrer Homeoffice-Tätigkeit steuerlich so behandelt werden als hätten sie diese Tätigkeit im Tätigkeitsland ausgeübt.“

Prorektorat Forschung der FOM Hochschule | 15.05.2020