Flexibilisierung, Belastung und Vorteile – Workshop-Ergebnisse zum Thema gesundes Arbeiten 4.0 bis zur Rente
Im September traf sich die Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention e. V. (DGSMP) zur 54. Jahrestagung, wir berichteten.

Prof. Dr. Arnd Schaff führte als Abgesandter des Instituts für Gesundheit & Soziales (ifgs) der FOM einen Workshop zu altersgruppenspezifischen Risiken für die psychische Gesundheit durch: „Arbeiten 4.0 und gesundes Arbeiten bis zur Rente – wie geht das zusammen?“ Im Rahmen der Gruppenarbeit ergaben sich dabei unter anderem folgende Erkenntnisse:
- Das Qualifikationsniveau betroffener Arbeitsplätze spielt bei dem Übergang zu Arbeit 4.0 eine ganz wesentliche Rolle. Während eher niedrige Qualifikationsniveaus im Wesentlichen durch Entfall aufgrund von Automatisierung betroffen sind, sehen sich viele mittlere Niveaus einer drastischen inhaltlichen Veränderung ausgesetzt. Dabei kann es zu einer subjektiven Entwertung kommen, wenn sich der Tätigkeitsschwerpunkt auf reine Überwachung einengt. Dieser Entfall von inhaltlich höherwertig bewerteten Tätigkeiten wird zu zunehmender Frustration führen.
- Überwachungstätigkeiten bergen in sich das Risiko einer starken psychischen Belastung durch Monotonie bei gleichzeitig ständig geforderter höchster Aufmerksamkeit und Konzentration. Da, wo früher Lärm, Hitze und Schmutz bedrohlich für den physischen Körper waren, wird jetzt zunehmend die Psyche belastet, wenn die operative Arbeit von automatisierten Maschinen und Robotern übernommen wird.
- Aus der Automatisierung ergibt sich andererseits auch eine wichtige Entlastung von schwerer und gefährlicher körperlicher Arbeit. Diese Entlastung ist gerade auch für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wichtig.
- Durch die zunehmende Bedeutung von Home-Offices reduziert sich die tägliche Bewegung ebenso, wie die physische Interaktion. Auch der Know-how-Austausch wird sich tendenziell erschweren, wenn die Kolleginnen und Kollegen nur noch virtuell erreichbar sind. Dies kann insbesondere in Einarbeitungs- und Lernphasen zum Problem werden.
- Es wird von zentraler Bedeutung sein, für die Teile der Belegschaft mit ganz entfallenden oder deutlich abgewerteten Beschäftigungsprofilen neue Perspektiven zu schaffen – zunächst im Unternehmen, aber auch gesellschaftlich. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit sich künftige Entwicklungen aus den historischen disruptiven Veränderungen ableiten lassen (Schließung Stahl- und Automobilwerke im Ruhrgebiet, Industrieschließungen in den neuen Bundesländern u.a.). Möglicherweise lassen sich auch gesundheitliche Folgen daraus prognostizieren.
- Wichtige Aspekte der Führung unter Arbeit 4.0 sind die Vorsorge in Bezug auf eine gesundheitsschädliche Aufweichung von Arbeitszeiten im Sinne einer Work-Life-Balance und die Motivation der Mitarbeitenden bei den anstehenden Veränderungen, speziell bei einer Ab- oder Aufwertung des Beschäftigungsprofils.
- Die Flexibilisierung der Arbeit trägt das Risiko einer zunehmenden Kurzfristigkeit in sich: Anforderungen werden mit immer kürzerem Vorlauf gestellt, Planung muss in immer kürzeren Abständen angepasst werden und auch Freizeitaktivitäten lassen sich schwieriger festlegen. Flexibilisierung hat aber auch Vorteile, die zwar zum größten Teil bei den jüngeren Mitarbeitenden gesehen werden, aber auch älteren Beschäftigten zugutekommen können, zum Beispiel bei pflegebedürftigen Angehörigen.
27.09.2018
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