Studie zur Innovations- und Forschungstätigkeit an Hochschulen auf der BCERC in Waterford, Irland, vorgestellt
Wissenschaftlerinnen generieren weniger Innovationen als ihre männlichen Kollegen, insbesondere in den Humanwissenschaften. Wenn sie Innovationen generiert haben, verwerten sie diese jedoch genauso häufig wie ihre männlichen Kollegen. Das heißt, die erste Stufe des Innovationsprozesses ist die entscheidende für den Geschlechterunterschied im Innovationsverhalten.

Wissenschaftlerinnen zeigen insgesamt mehr Innovationstätigkeit, wenn Forschung expliziter Bestandteil ihres Beschäftigungsvertrages ist. Weniger Innovationstätigkeit zeigen sie, wenn sie in Vollzeit angestellt sind oder eine Leitungsposition innehaben. Im Verwertungsverhalten gibt es keine Geschlechterunterschiede, es sei denn, die Frauen haben Kinder. Dann verwerten sie weniger als ihre männlichen Kollegen.
Das sind die Ergebnisse der bislang unveröffentlichten Studie mit dem Titel „Person Institution Fit: About the gender gap regarding innovation activities of academics“. Entstanden ist sie unter der Leitung von Prof. Dr. Simone Chlosta, wissenschaftliche Leiterin Entrepreneurship & Mittelstand am KCE KompetenzCentrum für Entrepreneurship & Mittelstand, in Zusammenarbeit mit Dr. Teita Bijedic vom Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM Bonn).
Innovations- und Forschungstätigkeit wird an Hochschulen immer wichtiger. In der Längsschnittstudie wurde untersucht, welche Faktoren sich fördernd auf die Innovationstätigkeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an Hochschulen auswirken. Dabei wurden Interaktionseffekte der Personen und Institutionen über einen Zeitraum von mehreren Jahren berücksichtigt.
Befragt wurden in zwei Erhebungswellen insgesamt 1.252 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sämtlicher Hierarchiestufen und Fachbereiche von 73 deutschen Hochschulen. Die Wellen hatten einen Abstand von drei Jahren, um die Effekte über die Zeit und in Interaktion miteinander betrachten zu können und so auch Antworten auf die sich entwickelnden Genderdifferenzen zu erhalten.
„Forschung über Innovationstätigkeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern muss ‚kontextualisiert‘ werden. Das heißt, Studien müssen die Interaktion mit der Organisation, hier: der Hochschule, berücksichtigen, da bestimmte organisationale Kontexte Männer und Frauen unterschiedlich beeinflussen“, sagt Professorin Chlosta.
Männliche und eher risikobereite Wissenschaftler seien besonders innovativ, während Frauen weniger häufig Erfindungen generieren. Der Geschlechterunterschied, der sich auf ersten Stufe der Innovationstätigkeit, d. h. dem Generieren von Erfindungen, zeigt, lasse sich im weiteren Innovationsprozess, d. h. dem Verwerten von Erfindungen über Patente und weitere Kommerzialisierungsmaßnahmen, nicht feststellen. Entsprechend seien eine gezielte Ermutigung von Frauen zu mehr Erfindertätigkeit – gerade zu Beginn der wissenschaftlichen Karriere – und die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen an Hochschulen empfehlenswert.
„Wünschenswert wäre auch eine Sensibilisierung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu Beginn ihrer Hochschullaufbahn für die Infrastruktur zur Förderung der Forschung und des Forschungstransfers“, so Chlosta weiter.
Vorgestellt wurde die Studie Anfang Juni in Waterford, Irland, auf der Babson College Entrepreneurship Research Conference (BCERC), der weltweit bedeutendsten Forscherkonferenz zum Thema Unternehmertum. Insgesamt wurden von 350 WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen 220 Paper rund um das Themenfeld Unternehmertum und Mittelstand vorgestellt.
Professorin Chlosta lehrt Wirtschaftspsychologie und Entrepreneurship an der FOM Hochschule in Frankfurt.
Yasmin Lindner-Dehghan Manchadi, Referentin Forschungskommunikation, 25.06.2018
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