Wenn der Mandant über Facetime zum Gespräch bittet – das ipo erforscht die Digitalisierung in Steuerberatungskanzleien
Prof. Dr. Marco Zimmer und Halina Ziehmer vom ipo Institut für Personal- & Organisationsforschung der FOM fragten sich: Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf die Organisationsstrukturen in Steuerberatungskanzleien? Und wie findet Führung unter Digitalisierungsbedingungen statt? Diese Fragen stellten sie in den Mittelpunkt einer Reihe von Interviews, die sie in mehreren Steuerberatungskanzleien führten.
Dass die Rechenmaschinen von einst mittlerweile durch Mikrochips ersetzt wurden, die beliebig komplexe Rechenoperationen in kürzester Zeit möglich machen, ist bereits seit Langem eines der offensichtlichen Wesensmerkmale der Digitalisierung in der Steuerberatung. Das ipo-Team interessiert sich vor dem Hintergrund des Forschungsprojekts KODIMA jedoch mehr für die weniger offensichtlichen Veränderungen in der Arbeitswelt Steuerberatungskanzlei. Es sind die Folgen, die digitale Arbeitsprozesse, Kommunikation und Kollaboration für die Führungs- und Organisationsstrukturen in den Kanzleien haben, die sein Forschungsinteresse ausmachen. Dabei stehen die Steuerberatungskanzleien im KODIMA-Projekt beispielhaft für viele andere kleine und mittelständische Unternehmen im Dienstleistungsbereich, die diesen Wandel gegenwärtig durchlaufen.
In den bisherigen Interviews wurde bereits deutlich, dass Steuerberatungskanzleien diesem Wandel oftmals nicht passiv unterliegen, sondern ihn aktiv mitgestalten. Natürlich wurde der Triumphator CN2 in den Museumskasten verbannt und es wurden digitale Kommunikations- und Kollaborationstools eingeführt. Zudem gilt es, Arbeitsprozesse zu implementieren, die so wenige Medienbrüche wie möglich beinhalten. Doch wenn Jahresabschlüsse via Software berechnet und über Schnittstellen in Echtzeit um neue Daten angereichert werden, dann verändert das nicht nur die Aufgabe „Jahresabschluss erstellen“ an sich, sondern auch die Anforderungen, die an den Arbeitsprozess und sein Ergebnis gestellt werden.
Zudem schrumpfen diese Anforderungen auch nicht zwangsläufig analog zur physischen Größe des jeweiligen Arbeitswerkzeugs. Ganz im Gegenteil, sie wachsen oft. Auch lokalisiert sich Arbeit nicht mehr um das Werkzeug herum, sondern ist überall und zu jeder Zeit möglich. Hinzu kommen die gesteigerten Möglichkeiten und Anforderungen zeitlicher und räumlicher Entkopplung von Kanzlei und Mandanten. Besonders deutlich wird dies bei Fragen oder Terminwünschen, die Mandanten an ihre Steuerberaterinnen und Steuerberater haben: Zwischen dem Aufkommen der Frage beim Mandanten und ihrem Erscheinen auf dem Smartphone oder Laptop der Steuerberaterinnen und Steuerberater vergehen oftmals nur Minuten.
Unmittelbarer Kommunikationsbedarf vonseiten der Mandanten verbunden mit der Erwartung einer ebenso unverzüglichen Antwort stellt neue Anforderungen an die Arbeitsorganisation von Steuerberaterinnen und Steuerberatern. Facetime oder Whats App ermöglichen eine Form des Mandantenkontakts, den Steuerberatende nicht im Vorfeld planen können, geschweige denn unter Rückgriff auf Kundendaten vorbereiten. Die klassischen Bedingungen der Planbarkeit von Raum und Zeit in der Gestaltung der Kundenkontakte sind möglicherweise also nicht weniger antiquiert als der Triumphator CN 2.
In leitfadengestützten Interviews hat das ipo-Team zu diesen Aspekten genauer nachgefragt, wobei neben den Fragen nach konkreten Auswirkungen auf Führung und Organisation auch solche gestellt wurden, die auf das KODIMA-Kernthema zielen: Was macht das alles mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kanzleien und welche Kompetenzen werden in Zukunft erforderlich sein? Von Steuerfachangestellten, Mitarbeiter/innen der Qualitätssicherung und angestellten Steuerberater/innen bekamen das Forscher-Team wertvolle Antworten.
Autorin: Halina Ziehmer M.A., wissenschaftliche Mitarbeiterin am ipo Institut für Personal- und Organisationsforschung, 14.05.2018
Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird im Rahmen des Programms „Zukunft der Arbeit“ (FKZ 02L15A312) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei der Autorin.
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