AUFSICHTSRATS-SCORE 2016: Bestnoten für Deutsche Börse, Commerzbank & Deutsche Bank
05.12.2016 – Bestnoten für den Aufsichtsrat der Deutschen Börse: Zum ersten Mal erobert das Gremium die Poleposition in der DAX-Wertung des AUFSICHTSRATS-SCORE. Auf Platz zwei landet der Aufsichtsrat der Commerzbank – gefolgt von der Deutschen Bank, Autobauer Daimler und dem Industriekonzern Siemens. Im MDAX verweist Neuling alstria Office REIT-AG die Aareal Bank, Leoni, OSRAM und Bilfinger Berger auf die Plätze. Hinter der Studie steht Prof. Dr. Peter Ruhwedel. Alljährlich untersucht der wissenschaftliche Leiter des KCU KompetenzCentrum für Unternehmensführung & Corporate Governance der FOM Hochschule die Aufsichtsratstätigkeit der Unternehmen in DAX und MDAX. Seine Kategorien: Arbeitsweise, Eignung, Diversität und Transparenz.
„Besonders auffällig sind in diesem Jahr die deutlich größere Offenheit und Transparenz auf Seiten der Unternehmen“, so Prof. Dr. Ruhwedel. Der durchschnittliche Score für die Transparenz im DAX legt um 4,4 Punkte auf 62,2 Prozent zu (MDAX +4,2 auf 47 Prozent). Die Hälfte der untersuchten DAX- und ein Drittel der MDAX-Unternehmen veröffentlicht die Sitzungsteilnahme der Aufsichtsratsmitglieder. 31 Prozent der DAX- bzw. 25 Prozent der MDAX-Unternehmen begründen darüber hinaus einen Wahlvorschlag an die Hauptversammlung. Und immerhin 42 Prozent der Unternehmen im DAX veröffentlichen ein Anforderungsprofil für den Aufsichtsrat (MDAX: 19 Prozent). „Dieser Transparenzgewinn ist auch auf die wachsenden Anforderungen von Investoren zurückzuführen, die immer häufiger die Zusammensetzung von Gremien kritisch hinterfragen“, erklärt der FOM-Experte. „Die Zeiten, in denen Aufsichtsräte in Hinterzimmern tagten, gehören jedenfalls endgültig der Vergangenheit an, und wir befinden uns auf dem Weg zum ‚gläsernen Aufsichtsrat‘.“
Bestes Beispiel für diese Entwicklung sei die Deutsche Börse. Der über 25.000 Zeichen lange, aussagekräftige Aufsichtsratsbericht (zum Vergleich: der Beiersdorf-Bericht kommt mit gut 6.000 Zeichen aus) sowie umfangreiche Angaben zu den Aufsichtsratsmitgliedern vermitteln ein umfassendes Bild. Darüber hinaus begleitet der Aufsichtsrat mit zehn Aufsichtsratssitzungen, sechs aktiven Fachausschüssen sowie einem zweitägigen Strategieworkshop intensiv die Arbeit des Vorstands und kann auch in Sachen Diversität punkten: Der Ausländeranteil liegt bei 33 Prozent, der Frauenanteil bei 42 Prozent. „Der Deutsche Börse-Aufsichtsrat ist prototypisch für einen modernen Aufsichtsrat und führt das Ranking mit einem Aufsichtsratsscore von 82,4 Prozent verdient an“, urteilt Prof. Dr. Ruhwedel.
Mit dieser Professionalisierung befindet sich die Deutsche Börse in guter Gesellschaft. Das zeigt der Anstieg des durchschnittlichen Aufsichtsrats-Scores, der sowohl im DAX (+3,5 Punkte auf 66,4 Prozent) als auch im MDAX (+3,7 Punkte auf 56,3 Prozent) deutlich zulegt. „In zahlreichen Unternehmen haben die Aufsichtsräte Charakteristika des angelsächsischen Board-Systems übernommen“, begründet Prof. Dr. Ruhwedel. Dies betrifft zum einen die Sitzungsfrequenz. Reichte zahlreichen Gremien in der Vergangenheit die gesetzliche Mindestzahl von vier Aufsichtsratssitzungen aus, so liegt der Durchschnitt im Untersuchungszeitraum bei 7,0 (DAX) beziehungsweise 6,9 (MDAX) Sitzungen pro Jahr. „Nur noch einige wenige MDAX-Unternehmen belassen es bei der Mindestzahl von vier Aufsichtsratssitzungen im Jahr – vor dem Hintergrund der aktuellen Umwälzungen scheint dies vollkommen unzureichend zu sein.“ Dies werde von einer Intensivierung der Ausschusstätigkeit begleitet. So kommen die besten 25 Prozent der DAX-Unternehmen auf eine durchschnittliche Anzahl von 36 Ausschusssitzungen im Jahr; die Deutsche Bank sogar auf 74 Sitzungen. „Sie befindet sich weiterhin im Krisenmodus. Alleine der im Untersuchungszeitraum noch von Georg Thoma geleitete Integritätsausschuss kam auf 15 Sitzungen. Es wird sich zeigen, ob dies nach dem Rücktritt von Herrn Thoma beibehalten wird“, so der Leiter des KCU.
Vor einigen Gremien machen diese positiven Entwicklungen allerdings halt, lautet die Beobachtung von Prof. Dr. Ruhwedel. „Es gibt nach wie vor Gesellschaften, die ein tradiertes Rollenverständnis des Aufsichtsrats pflegen. Besonders deutlich wird diese Schere im MDAX: Hier kommen die zehn Unternehmen mit dem geringsten Score nur auf einen Durchschnitt von 40,5 Prozent und liegen damit mehr als 30 Punkte hinter den führenden zehn MDAX-Unternehmen.“ Eine unterdurchschnittliche Bewertung könne häufig in Unternehmen mit einem Großaktionär beobachtet werden. Dies lege die Vermutung nahe, dass dort eine starke direkte Überwachung durch den Großaktionär erfolgt. Gleichzeitig sei jedoch zu befürchten, dass – wie bei VW – die Vorteile der Überwachung durch ein unabhängiges Expertengremium nur unzureichend genutzt werden. „Erst nach dem Diesel-Skandal hat der VW-Aufsichtsrat reagiert und mit acht Aufsichtsratssitzungen sowie einem neu eingerichteten Ausschuss ‚Dieselmotoren‘ angefangen, die Probleme anzugehen“, betont Prof. Dr. Ruhwedel.
Gerne lassen wir Ihnen die vollständige Studie zukommen. Bitte senden Sie dazu eine E-Mail an peter.ruhwedel@fom.de.
Stefanie Bergel, Referentin Forschungskommunikation
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