„Der Mittelstand zeichnet sich durch eine langfristige Werteorientierung aus“  

Christian Geyer (Foto: TAS AG)
Christian Geyer (Foto: TAS AG)

19.09.2016 – Gesamtentwicklung, Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, regionales Engagement, Wachstum – die TAS AG konnte in all diesen Kategorien überzeugen und erhielt den Großen Preis des Mittelstandes. Das Besondere: Der Servicedienstleister für Kundendialog ist seit dem Start als 2-Mann-Unternehmen familiengeführt. Aktuell sitzen im Vorstand des Branchen-Primus das Ehepaar Jochen und Sylvia Geyer und ihr Sohn. Christian Geyer hat an der FOM Hochschule in Berlin sowohl Business Administration als auch Wirtschaftsinformatik studiert – und gewährt im Interview einen Blick hinter die Kulissen des mittelständischen Unternehmens.

Welche Services bietet Ihr Unternehmen an?

Christian Geyer: Wir übernehmen für Banken, Versicherungen, Energieversorger und Online-Shops den kompletten Kundendialog – sei es per Telefon, Videoberatung, E-Mail, Chat oder Social Media. Zu unseren Kunden zählen zum Beispiel LEGO®, die Postbank oder E.ON.

Was zeichnet die TAS AG in Ihren Augen aus?

Christian Geyer: Wir sind in der zweiten Generation familiengeführt. Das ist für einen Mittelständler in unserer Branche und in unserer Region – Sachsen – sehr ungewöhnlich und spiegelt sich u.a. in der Unternehmenskultur wider. Beispielsweise gehen wir mit dem Thema Kreativität anders um als viele Konzerne, die ich kenne: Wenn Führungskräfte oder Mitarbeitende eine gute Idee haben, bemühen wir uns um eine unkomplizierte Umsetzung. Z.B. indem wir entsprechende Zeitfenster zur Verfügung stellen. Darüber hinaus führen wir regelmäßige Events für die Belegschaft durch, haben ein eigenes Karriereprogramm aufgesetzt und engagieren uns in verschiedenen sozialen Projekten. Wir unterstützen u.a. das Restaurant des Herzens, die Straßenzeitung KiPPE und das Kinderhospiz Bärenherz.

Worauf können sich potenzielle neue Mitarbeitende freuen?

Christian Geyer: Das fängt bei Basics wie kostenlosem Wasser und Obst an, führt über Ruhe- und Pausenräume bis zu einem Budget, das jedem Team für eigene Veranstaltungen zur Verfügung steht – egal, ob es gemeinsam zum Rafting, Bowlen oder Essen geht. Darüber hinaus gibt es Events wie das alljährliche Sommerfest oder auch das Format „Schlag den Chef“. In Anlehnung an die Show von Stefan Raab trete ich dabei in verschiedenen Disziplinen gegen die Mitarbeitenden an. Bislang durfte ich meine Fähigkeiten im Quizduell, beim Tischtennis, Poker oder Kartfahren unter Beweis stellen. Gewonnen habe ich dabei bislang allerdings noch nicht…

Ein dickes Plus im Bereich Unternehmenskultur ist sicherlich auch, dass Sie das Projekt Nachfolgeregelung – für viele Mittelständler ein schwieriges Thema – erfolgreich angegangen sind.

Christian Geyer: Das war sicherlich auch ein Grund, warum wir mit dem Großen Preis des Mittelstandes ausgezeichnet worden sind. Begonnen haben wir diesen Prozess bereits 2006. Damals bin ich in das Studium an der FOM Hochschule gestartet und parallel peu à peu in die Strukturen der TAS AG hineingewachsen. Das war eine großartige Zeit, die mir viel Spaß gemacht hat: Drei Jahre lang bin ich freitagabends und samstags aus Leipzig nach Berlin gereist und habe mich mit Wirtschaftsinformatik und Business Administration befasst. Mir hat vor allem der praxisorientierte Ansatz der FOM gefallen: Die Theorie wurde anhand vieler Beispiele in den Vorlesungen erklärt, dann konnte ich das erworbene Know-how direkt in meinem Arbeitsalltag anwenden.

In meinen Abschlussarbeiten konnte ich dann Bezug nehmen auf die Projekte, die ich damals im Unternehmen geleitet habe. Da ging es zum einen um die Frage, wie sich ein Unternehmen strategisch neu ausrichtet, Vision und Leitbild entwickelt und schließlich umsetzt. Zum anderen habe ich mich mit Wissensmanagement befasst. Ein Thema, das natürlich gerade in unserer Branche eine große Rolle spielt. Im Anschluss an das Studium habe ich mich dann mit der Umsetzung beschäftigt, 2013 folgte der Schritt in den Vorstand.

Gibt es eine Arbeitsteilung im Vorstand?

Christian Geyer: Im Grunde genommen nicht. Grob könnte man sagen, dass der Fokus meiner Eltern aktuell auf der Strategieentwicklung liegt, während ich mich um die operative Führung kümmere. Wir haben uns in den vergangenen Jahren zu einem guten Team entwickelt. Das lag auch daran, dass meine Eltern nie Druck auf mich ausgeübt haben, und ich gleichzeitig immer den größten Respekt vor ihren Erfahrungen, ihrem Wissen hatte und selbstverständlich heute noch habe.

Warum sind Unternehmen wie Ihres so wichtig für Deutschland?

Christian Geyer: Ich bin überzeugt, dass der Mittelstand Deutschlands Rückgrat ist. Das merke ich vor allem im Kontakt mit internationalen Geschäftspartnern. In Frankreich beispielsweise gibt es keinen Mittelstand, da bekomme ich immer sehr positive Rückmeldungen auf unsere Arbeitsweisen. Denn bei uns steht nicht die kurzfristige Konzentration auf Gewinne im Vordergrund. Uns geht es um langfristiges, werteorientiertes Handeln, dass sich an Visionen und Ideen orientiert. Wenn ich eine Entscheidung getroffen habe, muss ich anschließend durch das Unternehmen laufen und mich den Reaktionen der Belegschaft stellen. In einem Konzern ist der Kontakt zwischen Führungsebene und Mitarbeitenden in der Regel nicht so eng. Das hat natürlich Auswirkungen auf das Management.

Einer Ihrer Professoren an der FOM war Holger Wassermann, der Leiter des KCE KompetenzCentrum für Entrepreneurship & Mittelstand. Mit welchen Forschungsfragen sollten er und sein Team sich aus Ihrer Sicht befassen?

Christian Geyer: Aktuell gibt es viele Fragen, die Mittelständlern wie uns unter den Nägeln brennen. Beispielsweise: Wie können wir uns auf den im Zuge der Globalisierung immer größer werdenden Märkten behaupten? Wie können wir auch mit begrenzten Mitteln sicherstellen, dass wir die Digitalisierung nicht verschlafen? Und mit Blick auf unsere eigenen Themen: Wie wird sich die Kundenkommunikation in den kommenden Jahren entwickeln? Wie können wir uns optimal auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft präsentieren und Nachwuchskräfte der Generationen y und z für uns als Arbeitgeber begeistern?

Ein eigenes Karriereprogramm haben Sie ja bereits. Wie sieht das in der Praxis aus?

Christian Geyer: Es ist ein Stufenmodell, das bislang sehr gut funktioniert. Ein Mitarbeiter hat beispielsweise vor 13 Jahren als Kundenberater bei uns angefangen und ist inzwischen Leiter der IT. Wer als Azubi einsteigt, erarbeitet sich zunächst den Abschluss „Kaufmann/Kauffrau für Dialogmarketing“. Am Ende der nächsten Stufe steht dann der Titel „Kundenberater“. Es folgt ein Ausbildungsprogramm zum Teamleiter mit in der Regel 20 Mitarbeitenden. Anschließend startet das High Potential Programm mit Blick auf weitere Führungspositionen. Wer von außen zum Unternehmen kommt, muss natürlich nicht alle Stufen durchlaufen, sondern kann je nach beruflichem Hintergrund einsteigen.

Zahlt sich dieses Vorgehen mit Blick auf die Verweildauer der Belegschaft im Unternehmen aus?

Christian Geyer: Definitiv. Die Mitglieder unserer Führungsebene sind im Durchschnitt weit über fünf Jahre im Unternehmen. Ein branchenbedingter Faktor macht uns aber immer zu schaffen: Der Job des Kundenberaters oder der Kundenberaterin – und davon gibt es in Deutschland immerhin 500.000 – ist schlecht bezahlt. Die Unternehmen sind in der Regel nicht bereit, für diesen Bereich viel Geld in die Hand zu nehmen, was in meinen Augen ein großer Fehler ist. Denn was zahlt stärker auf eine Marke ein als eine gute Kundenberatung? Das Investment lohnt sich also. Aber diese Botschaft ist noch nicht bei allen Unternehmen angekommen.