Bevölkerungswissenschaftliche Methoden im Fokus  

13.04.2016 – Auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Demographie (DGD) in Leipzig im März hat der DGD-Arbeitskreis „Bevölkerungswissenschaftliche Methoden in Theorie und Praxis“ wieder eine eigene Session gestaltet, diesmal moderiert von Dr. Christina Benita Wilke, Dozentin am FOM Hochschulstudienzentrum Bremen. Seit 2015 hat sie gemeinsam mit ihrem Kollegen Dr. Philipp Deschermeier vom IW Köln die Leitung des Arbeitskreises inne. In der Session vorgestellt wurden verschiedene Methoden zur Bevölkerungsvorausberechnung auf regionaler und bundesweiter Ebene.

Auf kommunaler Ebene gab Thorsten Hühn (F+B GmbH, Hamburg) in einem ersten Beitrag einen Einblick in die Bevölkerungsabschätzung für Bauflächenpotenziale. Hintergrund ist, dass in vielen Gemeinden für die künftige KiTa- und Schulversorgung bei der Ausweisung neuer Bauflächen entsprechende Planungsgrundlagen benötigt werden. Viele Gemeinden rechnen hier mit einer durchschnittlichen Anzahl von Personen für jedes neue Haus oder neue Wohnung. Hieraus lässt sich zwar das mögliche Bevölkerungspotenzial insgesamt bestimmen, es werden jedoch keine Aussagen zur Altersstruktur der neuen Wohnbevölkerung geliefert. Gerade in kleineren Gemeinden kann aber schon eine geringe Anzahl neuer Kinder zu einer Überbelegung der entsprechenden Versorgungseinrichtungen führen. Im Rahmen der von F+B entwickelten KiTa- und Schulbedarfsabschätzung für kleinere Gemeinden wurde daher ein eigenes Tool zur Abschätzung der Bauflächenpotenziale entwickelt. Dieses berechnet basierend auf den Daten der Melderegister detaillierte Zuzugs- und Geburtenquoten, die angeben, wie viele Jahre nach dem Zuzug mit einer Familiengründung zu rechnen ist.

Wie die demographische Entwicklung sich bundesweit und insgesamt auf den Immobilien- und Wohnungsmarkt auswirkt, erläuterte Dr. Philipp Deschermeier (IW Köln und Leiter des Arbeitskreises) in seinem nachfolgenden Vortrag. Um abschätzen zu können, wie sich die Nachfrage am deutschen Wohnungsmarkt in Zukunft entwickeln wird, sind demnach drei Effekte zu unterscheiden: ein Mengeneffekt, der aus Veränderungen der Bevölkerungsanzahl resultiert, ein Altersstruktureffekt, der sich aus Veränderungen der Bevölkerungsstruktur ergibt, und ein Kohorteneffekt, der beschreibt, wie sehr sich der Konsum über die Zeit verändert. Die vorgestellten Analysen basieren auf den SOEP-Daten von 1984 bis 2013. Mit Rainbowplots und Methoden der funktionalen Datenanalyse wurde die Entwicklung des Wohnflächenkonsums pro Kopf differenziert nach Altersjahren für den Beobachtungszeitraum untersucht. Der gefundene Zusammenhang wurde anschließend als Prognose mithilfe von Zeitreihenmodellen auf die Zukunft übertragen.

Schließlich zeigte Reinhard Loos (Deenst GmbH, Bielefeld) in seinem Beitrag Unterschiede in der regionalen Mortalität, also den Lebenserwartungen zwischen verschiedenen Kreisen in Deutschland, auf. Die Unterschiede in den Kreisen in Deutschland zwischen Maximal- und Minimalwert liegen dabei für Männer bei 6,5 Jahren, für Frauen bei 4,5 Jahren. Die ausgewerteten Daten wurden aus den Basisdaten für die aktuelle Ausgabe des „Wegweiser Kommune“ gewonnen. Dargestellt wurden u.a. die durchschnittlichen Lebenserwartungen bei Geburt für Männer, Frauen und gesamt sowie die Methodik, insbesondere die unterschiedlichen Verläufe in den Sterbewahrscheinlichkeiten nach Altersjahren. Anhand von Relationen zu ausgewählten Indikatoren wie bspw. dem Einkommen pro Kopf oder der Arbeitslosenquote wurde abschließend nochmals die Relevanz regionaler Mortalitätsdaten aufgezeigt.

Philipp Deschermeier, Thorsten Hühn, Reinhard Loos und Christina Benita Wilke