Mittelstandsfinanzierung im internationalen Vergleich: „In Deutschland läuft zu viel über die Hausbanken“
Dr. Hartmut Meyer ist überzeugt: Deutschland ist ein schwieriges Pflaster für Mittelstandsfinanzierung. Im Rahmen der Eröffnung des KCE KompetenzCentrum für Entrepreneurship & Mittelstand in Berlin zog der FOM Experte einen internationalen Vergleich und machte gleichzeitig Verbesserungsvorschläge. Seine wichtigsten Punkte fasst er im Interview zusammen.
Gibt es in Deutschland ein Finanzierungsproblem für kleine und mittlere Unternehmen?
Dr. Hartmut Meyer: Gibt es. Der Zugang zu öffentlichen Fördermitteln läuft beispielsweise fast ausschließlich über die Hausbank. Dort sitzen in der Regel aber keine Mittelstandsexperten. Die Folge: Die Chancen für eine Finanzierung stehen häufig schlecht.
Hinzu kommt, dass in Deutschland ein wahres Dickicht an Beratungs- und Förderangeboten entstanden ist. Um sich in diesem Dschungel zu orientieren, braucht es Detailwissen, das in vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen schlichtweg nicht vorliegt.
Läuft das in anderen Ländern besser?
Dr. Hartmut Meyer: In Österreich, Spanien und Griechenland werden Kredite beispielsweise direkt an KMU vergeben – ohne dass Hausbanken dazwischen geschaltet sind. Dort ist man zudem auch eher bereit, kleinere Kredite zu vergeben und niedrige Zinsmargen und höhere Kosten zu akzeptieren.
Welche Verbesserungen schlagen Sie für Deutschland vor?
Dr. Hartmut Meyer: Es läuft viel zu viel über die Hausbanken. Mein Vorschlag wäre, dass es bei allen Förderprogrammen direkte Ansprechpartner für KMU gibt – sei es bei der KfW oder bei den Länderbanken. Zudem sollte die Risikobeurteilung getrennt erfolgen.
Eine zweite Sache, die in meinen Augen wichtig ist: Wir sollten Finanzierungsprogramme entwickeln, die nicht auf Neugründungen, sondern auf laufende Unternehmen abzielen. Wenn ein Mittelständler beispielsweise eine Innovation finanzieren möchte oder sich in einer Krise befindet und Sanierungsmaßnahmen in Angriff nehmen möchte, muss er das in Ermangelung solcher Programme meist aus eigener Tasche bezahlen. Und wo das nicht gelingt, droht häufig die Insolvenz.
Warum ist Deutschland so ein schwieriges Pflaster für Mittelstandsfinanzierung?
Dr. Hartmut Meyer: Das ist historisch gewachsen. Ursprünglich standen Sparkassen und Volksbanken den kleinen und mittleren Unternehmen als Partner zur Seite. Mittlerweile besteht hier aber angesichts der sich verschärfenden Wettbewerbslage im Bankenbereich eine größere Reserviertheit. Hinzu kommt, dass durch die Niedrigzinsphase die Gewinne stark zurückgegangenen sind. Sprich: Wenn ein Handwerker einen Kredit über 50.000 Euro beantragt, lohnt sich das für die Banken nicht mehr.
Eine weitere Schwierigkeit: Aufgrund der allgegenwärtigen Kostenreduktion müssen die Banken ihre Anfragen standardisieren. Dadurch fallen im Bereich Mittelstand viele Kreditvorhaben raus.
Das Problem liegt also in erster Linie bei den Banken?
Dr. Hartmut Meyer: Nicht nur. Auch Basel II macht dem Mittelstand zu schaffen. Die Anforderungen mit Blick auf Reporting und Dokumentation sind für KMU eine große Herausforderung. Von ihnen wird das gleiche verlangt wie von großen Unternehmen, ohne zu berücksichtigen, dass dort in der Regel keine studierten BWLer sitzen. Das bringt viele Firmen an ihre Grenzen.
Welche Forschungsfragen ergeben sich aus dieser Situation für das KCE?
Dr. Hartmut Meyer: Wir möchten u.a. untersuchen, was genau andere Länder anders und besser machen als wir. Daraus lassen sich in einem zweiten Schritt konkrete Maßnahmen für Deutschland ableiten.
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