Forschung im Porträt: KompetenzCentrum für Corporate Social Responsibility  

Ein Think-Tank, zwei Hauptpersonen: Prof. Dr. Linda O’Riordan und Prof. Dr. Stefan Heinemann zeichnen gemeinsam verantwortlich für das KompetenzCentrum für Corporate Social Responsibility – kurz KCC. Ihr Ziel: im Dialog mit nationalen und internationalen Wissenschaftlern, Management-Experten und Führungskräften neue Ansätze in CSR-Management und Wirtschaftsethik zu entwickeln. Wie sie das erreichen wollen, verraten sie im Interview.

Wie sieht die Arbeitsteilung im KCC aus?

Linda O’Riordan: Mein Schwerpunkt ist CSR Management Research. Ich erarbeite Konzepte für CSR-Management sowie Lösungsvorschläge für die Umsetzung dieser Konzepte. Darüber hinaus nutze ich meine internationalen Netzwerke, um mit CSR-Experten weltweit in Dialog zu treten. Zum Beispiel vertrete ich die FOM Hochschule – und das KCC – auf wissenschaftlichen Konferenzen wie dem World Congress der International Federation of Scholarly Associations of Management (IFSAM), einer Art United Nations der Akademiker im Bereich Management.

Stefan Heinemann: Ich befasse mich in erster Linie mit dem Bereich Business Ethics. Wie sollen sich die Akteure im Wirtschaftsleben verhalten? Welche Werte sind dabei wirksam? Und was bedeutet Gerechtigkeit in diesem Zusammenhang? So lauten einige der Fragen, mit denen ich mich beschäftige.

Die Themen Nachhaltigkeit und CSR stehen aktuell verstärkt in der Diskussion. Woran liegt das?

Stefan Heinemann: Skandale und Krisen sind heute fast schon der Normalzustand. Dies entspricht natürlich nicht der breiten Realität verantwortlich handelnder Unternehmen und Wirtschaftsakteure. Aber es zeigt sich doch, dass sich eine Parallelstruktur von Wirtschaft und Gesellschaft nicht zu beiderseitigem Vorteil aufrechterhalten lässt. Das setzt die Unternehmen unter Zugzwang. Sie müssen der Öffentlichkeit, ihren Kunden und Mitarbeitern gegenüber Rechenschaft ablegen, dass sie umweltgerecht und nachhaltig handeln, dass ihr Umgang mit Stakeholdern einwandfrei ist etc.

Deshalb setzen viele von ihnen ihre Compliance-Systeme werteorientiert auf. Schließlich sind – in the long run – Regeleinhaltungssysteme immer teurer als solche Systeme, in denen den Akteuren der Sinn der Regeln klar ist. Einige dieser Projekte stehen sicherlich unter dem Label „Green Glamour“, aber gerade im Mittelstand und auch bei vielen DAX-Unternehmen wird inzwischen eine gute Nachhaltigkeitspolitik gefahren.

Linda O’Riordan: Die Unternehmen stehen vor der Management-Herausforderung, soziale und ökologische Ziele so in ihre Tätigkeit zu integrieren, dass sie ihren wirtschaftlichen Erfolg mit Nutzen für Gesellschaft und Umwelt verbinden können. Gleichzeitig müssen sie ihre Aktivitäten mit den deklarierten Unternehmenswerten vereinbaren, so dass ein CSR-Verhalten zur Norm wird. Dabei sind vor allem CSR-Manager gefragt. Sie müssen innovative Lösungen finden, um den Interessen der Stakeholder gerecht zu werden und einen CSR-Grundgedanken in die Unternehmensstrategie aufzunehmen. Keine leichte Aufgabe.

Wie gehen die Unternehmen mit dieser Problematik um? Und wie steht Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern da?

Linda O’Riordan: Viele Unternehmen haben bereits CSR-Abteilungen oder Verantwortliche sowie Codes of Conduct oder Compliance Guidelines. Allerdings darf man nicht vergessen, dass CSR-Management noch ein relativ neues Thema ist. Viele Firmen befinden sich auf diesem Gebiet in einer steilen Lernkurve.

Deutschland ist im internationalen Vergleich – vor allem was Umweltregelungen angeht – recht fortschrittlich. Wenn wir beispielsweise an Firmen wie Bertelsmann oder Bayer denken, wissen wir, dass viele deutsche Unternehmen bereits vor hundert Jahren im Bereich CSR aktiv waren. Zum Beispiel durch die Finanzierung von Parks, Schwimmbädern, Häusern oder Weiterbildung für ihre Mitarbeiter. Im Allgemeinen sind jedoch die skandinavischen Länder Vorreiter beim Thema CSR.

Woran forschen Sie aktuell? Und welche Ziele haben Sie für 2013 anvisiert?

Stefan Heinemann: Ich befasse mich gerade mit Ethik in der Managementausbildung und arbeite an einer Monografie zur Bildungsgerechtigkeit. Zudem interessiert mich die Begründungsdimension von Ethik: Wie kommen moralische Urteile zustande und warum sollten sie Geltung beanspruchen können? Gerade in der Unternehmenspraxis werden diese recht abstrakt klingenden Fragestellungen schnell in konkreten Dilemmasituationen relevant. Darüber hinaus gebe ich zusammen mit Prof. Gerholz von der Universität Paderborn den „CSR-Atlas Edition Hochschulen NRW“ heraus. Er bietet Orientierungswissen zu den CSR-Aktivitäten der wirtschaftswissenschaftlichen Fachbereiche an den nordrhein-westfälischen Hochschulen.

Linda O’Riordan: Einer meiner Schwerpunkte ist die Frage, wie CSR-Verantwortliche die Interessen ihrer Stakeholder managen können. Dazu habe ich ein passendes Analysetool entwickelt, das ich aktuell – zusammen mit verschiedenen Unternehmen – in der Praxis teste. Zudem schreibe ich wissenschaftliche Artikel in internationalen Journalen und bin als Peer Reviewer u.a. beim Journal of Business Ethics und Journal of Cleaner Production tätig.

Das größte Projekt des KCC für 2013 ist sicherlich unsere 2. FOM International CSR Research Conference. Sie steht unter dem Titel „Implementing Sustainable CSR Management Solutions“ und findet vom 18. bis 19. April 2013 im FOM Hochschulstudienzentrum Köln statt. Darüber hinaus erwarten wir im Frühjahr 2013 den Besuch von 30 MBA-Studenten der US-amerikanischen Universität Pittsburgh. Sie besichtigen u.a. verschiedene Unternehmen, um Einblicke in die Sustainability-Praxis der in Deutschland niedergelassenen Firmen zu bekommen. Zudem planen wir gemeinsam mit ihnen einen akademischen Tag mit verschiedenen Vorträgen.

Wie profitieren die Studierenden der FOM Hochschule von Ihrer Forschungsarbeit?

Linda O’Riordan: Unsere Aktivitäten sollen wie ein Katalysator wirken, um CSR bewusst in den Strategie-Gedanken der Entscheidungsträger in Unternehmen zu etablieren. Wir wollen aktuelle Forschungsansätze reflektieren und diskutieren und gleichzeitig sicherstellen, dass die Forschung und die Lehrangebote der FOM Hochschule weiterhin praxisnahe und relevante Antworten auf Fragen finden, die Unternehmen und Führungskräfte aktuell beschäftigen.

Stefan Heinemann: Konkret ist beispielsweise geplant, in bestehenden Studiengängen eine CSR-Vertiefung anzubieten und auch die Themen „Wirtschaftsethik und Philosophie“ auszuloten. Schon jetzt sind die Themen Ethik und Nachhaltigkeit in der Lehre verbindlich: Unsere Studierenden – egal ob Bachelor oder Master – kommen auf jeden Fall mit diesem Stoff in Berührung. Und auch in der Zukunft – davon bin ich überzeugt – ist es kein guter Ratschlag, auf die Erkenntnisquellen der ethischen Denktraditionen im Management zu verzichten.