Einführung agilen Arbeitens in zwei Ministerien – Projekt „Reallabor Agiles Arbeiten“ der FOM auf Landesebene gestartet
Das Forschungsprojekt „AgilKom“ hat es gezeigt: Agiles Arbeiten ist auf kommunaler Ebene möglich, wenn die Weichen dafür gestellt sind. Es gibt klar erkennbare förderliche Faktoren, die es zu stärken gilt, und hemmende, die entsprechend minimiert werden sollten. Hilfestellung bietet eine im Projekt entwickelte Handlungshilfe für Führungskräfte & Mitarbeitende.
Mit dem neuen Forschungsprojekt „Reallabor Agiles Arbeiten“ wird an diese Erfahrungen angeknüpft und in Ministerien auf Landesebene übertragen. Gemeinsam mit dem Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie (MWIDE)* und dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration (MKFFI)* des Landes Nordrhein-Westfalen erprobt ein Forschungsteam des ifpm Institut für Public Management der FOM Hochschule unter der Leitung von Prof. Dr. Gottfried Richenhagen und Prof. Dr. Anja Seng, dort die Etablierung agiler Arbeitsweisen. „Wir freuen uns über die Offenheit der beiden beteiligten Ministerien und deren Experimentierfreude. Mittels wissenschaftlich fundierter Methoden möchten wir mit ihnen agile Arbeitsweisen im ministeriellen Verwaltungsalltag ausprobieren und gemeinsam mit den Beschäftigten die besten Herangehensweisen identifizieren“, beschreibt Richenhagen das Projektvorgehen.
Der erste Schritt ist bereits gemacht: im Rahmen virtueller „World Cafés“ wurde der Status quo erfasst. Die Begrüßungsworte des MWIDE-Ministers Prof. Dr. Andreas Pinkwart verdeutlichten die Relevanz des gemeinsamen Anliegens: „Was machen wir denn jetzt mit der neuen Möglichkeit des digitalen Arbeitens in der Verwaltung? Wir haben die Software, die Hardware und können die Prozesse digital abbilden – jedoch bilden wir häufig noch die alte Hierarchie digital ab. Wir möchten alle Möglichkeiten der Agilität und der Digitalisierung nutzen, um zum Beispiel auch unterschiedliche Fachbereiche einzubinden. Wir kommen aus einer sehr guten Weberschen Bürokratie, die aber mithilfe der neuen Möglichkeiten eigentlich viel flacher, viel interdisziplinärer ablaufen könnte. Das haben wir trotz vieler Fortschritte noch nicht erreicht und da wollen wir hin.“
Auf die Frage, was das MWIDE vom Projekt erwarte, antwortete Staatsekretär Christoph Dammermann: „Das Gute aus möglichen neuen Ansätzen herauszusuchen. Das heißt nicht, dass alles von gestern schlecht wäre, vieles hat seine Berechtigung. Wir wollen uns davon inspirieren lassen, welche Auswirkungen sich auf mobiles Arbeiten, auf Büroumgebungen und die Digitalisierung ergeben. Es braucht die richtigen digitalen Tools und die richtige Haltung zu deren Einsatz.“
Zum Gelingen des Projekts tragen jedoch nicht nur die Mitarbeitenden bei. Auch Führung, Organisation und insbesondere die Fehlerkultur spielen eine bedeutende Rolle. So betont Dammermann: „Es ist nicht das Ziel zu scheitern. Aber man muss Dinge ausprobieren und schnell fragen: Wo stehen wir und was können wir gegebenenfalls besser machen? Viele haben hier eine Hemmschwelle, weil sie denken, dass, wenn es etwas zu optimieren gibt, sie etwas falsch gemacht hätten. Und von diesem Gedanken muss man sich lösen.“
Minister Pinkwart sieht die Chance des Reallabors vor allem als gute Möglichkeit, Erfahrung auszutauschen, voneinander zu lernen und einfach andere Herangehensweisen auszuprobieren. Wie beispielsweise bei der Entwicklung einer neuen Förderrichtlinie: „Ein Labor einrichten, Gründerinnen und Gründer einladen, einen Workshop veranstalten, in dem man gemeinsam darüber diskutiert und Informationen sammelt. Wo ein gemischtes Team eine Vorlage erarbeitet, die dann mit der Leitungsebene diskutiert wird. […] Solcherlei Situationen könnten wir im Reallabor durchspielen. Es hilft uns, eine andere Herangehensweise zu finden, von vornherein auch praxistauglicher zu sein, schneller zu lernen, Abstimmungsprobleme zu vermeiden und Diskussionen zuzulassen.“
Eine Teilnehmerin fasst im Blitzlicht am Ende des World Cafés zusammen: „Veränderungsbereitschaft. Vielleicht ist es genau das, was gefehlt hat und vielleicht ist jetzt der Moment, in dem alle dazu bereit sind. Es soll Pilotabteilungen geben, in denen agile Arbeitsweisen im Kontext einer Aufgabe angewendet werden, aber ich hoffe, dass es bei allen ankommt.“ Dies kann die Projektleitung am ifpm nur bestätigen: „Auch wir wünschen uns, dass am Ende des Projekts agile Arbeitsweisen und deren Potenzial bei den Beschäftigten bekannt sind. Aber nicht nur da. Wir wollen auf Basis der experimentell zu erlangenden Forschungsergebnisse weitere Empfehlungen für die Etablierung agiler Handlungsansätze und (digitalen) Führungshandelns in der Verwaltung ableiten und somit die Erkenntnisse auch für andere Organisationen verfügbar machen.“
*Mit dem Regierungswechsel in NRW 2022 wurde das MWIDE zum MWIKE (Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie) und das MKFFI zum MKJFGFI (Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration).
Corinna Höffner M.A. | wissenschaftliche Mitarbeiterin am ifpm Institut für Public Management und Projektkoordinatorin des Projekts Reallabor
Prof. Dr. Anja Seng | stellv. Leitung des ifpm Institut für Public Management und stellv. Projektleitung des Projekts Reallabor
13.06.2022
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