Forschung für die Lehre: Statistiklehre in Zeiten von Big Data
„Korrelation“ bedeutet nicht „Kausalität“. Das ist in der Wissenschaft schon lange bekannt und die Frage nach Ursachen und Gründen in allen Wissenschaften relevant. „Über das Mantra ‚Korrelation bedeutet nicht Kausalität‘ kamen wir lange Zeit nicht hinaus“, sagt Prof. Dr. Karsten Lübke vom Institut für Empirie & Statistik (ifes), der an der FOM in Dortmund forscht und lehrt. „Erst in den letzten 30 bis 40 Jahren wurden u. a. in der KI-Forschung Methoden entwickelt, wie wir unter gewissen Annahmen weiterkommen können.“
Das 2018 erschienene „The Book of Why“ ist in diesem Zusammenhang ein Bestseller. Geschrieben wurde es vom US-amerikanischen Informatiker und Philosophen Prof. Dr. Judea Pearl*, der bereits mit dem Turing Award, der weltweit höchsten Informatikauszeichnung, geehrt wurde und dessen Theorie der Kausalität Einfluss auf weite Teile der Wissenschaft genommen hat.
Dabei geht auch darum, dass z. B. die Künstliche Intelligenz (KI) nicht sehr intelligent werden könne, wenn sie nicht auch Ursache und Wirkung erfasse. Dass damit bereits Menschen Probleme haben, schreibt dazu scherzhaft die „MIT Technology Review“ in ihrem Beitrag „What AI still can’t do“.
„Um aus Daten die richtigen Handlungen abzuleiten, brauchen wir Konzepte, die Ursache und Wirkung einbeziehen“, so Professor Lübke, der in dem Zusammenhang gemeinsam mit Prof. Dr. Matthias Gehrke (FOM in Frankfurt) am ifes forscht. Ihr Paper mit dem Titel “Why We Should Teach Causal Inference: Examples in Linear Regression with Simulated Data” wurde jetzt – nach drei begutachtenden Runden mit jeweils drei Gutachterinnen/Gutachtern – im Journal of Statistics Education, einem Fachjournal der American Statistical Association, veröffentlicht. „Darin geht es darum, warum wir Studierenden diese Zusammenhänge beibringen sollten und wie wir das können“, erklärt Prof. Gehrke. Weitere Co-Autoren sind der FOM Lehrbeauftragte Prof. Dr. Jörg Horst (FOM in Dortmund und Fachhochschule Bielefeld) sowie Prof. Dr. Gero Szepannek (Hochschule Stralsund).
Dass die FOM Wissenschaftler damit ein bahnbrechendes Thema angestoßen haben, wird bestätigt durch einen „Retweet“ von Pearl. Darin kommentiert er den Hinweis von ifes-Direktorin Prof. Dr. Bianca Krol auf den erwähnten Journalbeitrag mit den Worten „This is incredible!“ und damit, dass sich jeder Tastaturanschlag zu seinem Buch gelohnt habe, wenn er damit die Motivation gesteigert habe, Konzepte zu lehren, die er „Causal Revolution“ nennt.
„Daten, Datenanalysen und die Schlussfolgerungen daraus auch kritisch zu hinterfragen und für tiefere Einblicke und bessere Entscheidungen verantwortlich zu nutzen, ist eine Fähigkeit, die immer wichtiger wird. Wir suchen nach Wegen, wie wir unsere Studierenden diesbezüglich bestmöglich ausbilden können – und die Aufmerksamkeit sowie die zahlreichen Rückmeldungen aus der internationalen Statistik-Community zeigen, dass die FOM eine der Vorreiterinnen in der Data-Literacy-Education ist“, so Professor Lübke. Professor Gehrke ergänzt: „Und die Forschung geht weiter. So werden wir vermutlich noch dieses Jahr weitere konzeptionelle und erste empirische Ergebnisse veröffentlichen können“.
*) An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass Professor Pearl das Buch “The Book of Why: The New Science of Cause and Effect” gemeinsam mit Dr. Dana Mackenzie geschrieben hat.
Yasmin Lindner-Dehghan Manchadi M.A. | Referentin Forschungskommunikation | 12.05.2020
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