Unterstützung für die Medizin durch Einsatz von Künstlicher Intelligenz an der FOM – Systemmedizin
Innerhalb und außerhalb des menschlichen Körpers wirken viele Kräfte und das Zusammenspiel entscheidet, ob ein Mensch gesund oder krank ist. Eine große Rolle im Körper spielt dabei das Mikrobiom (z. B. Bakterien, Viren oder Pilze), das insgesamt etwa zwei bis drei Kilogramm des erwachsenen menschlichen Körpergewichtes ausmacht, das Genom oder das Metabolom. Das sind winzige Teilchen wie Chemikalien oder Proteine, die im menschlichen Körper agieren. Sie wirken gleichzeitig auf alles ein, was sich im Körper befindet und in diesen hineingerät. Die Anzahl der Bakterien und Viren übertrifft dabei die Anzahl der Menschen auf der Erde um ein Vielfaches. „Im Prinzip ist ein Mensch für diese Teilchen das, was für uns die Erde ist“, erklärt Prof. Dr. Rüdiger Buchkremer, Direktor des Instituts für IT-Management & Digitalisierung (ifid) der FOM. „Wir analysieren nicht nur die Zusammenhänge im Körper, denn das soziale Umfeld, die Familie und sogar die Umwelt können eine Rolle bei der Entstehung einer Krankheit spielen.“
In der Medizin werden diese Zusammenhänge bislang kaum untersucht. Die klassische Medizin geht häufig von pathophysiologischen Phänomenen aus, d. h. wenn Probleme beispielsweise an einer Hand oder einem Organ auftreten, dann werden meist nur Eigenschaften untersucht, welche direkt von diesem Organ ausgehen. Die Analyse von Körperteilen oder Flüssigkeiten wie Blut oder Urin gehen einher mit bildgebenden Verfahren. Eher selten wird auch das Genom untersucht. Die Analyse der Gesamtheit aller Informationen (systemischer Ansatz) kann neue Erkenntnisse liefern.
Bei einem systemmedizinischen Vorgehen hingegen werden daher alle verfügbaren Daten und Phänomene des Körpers gleichzeitig untersucht und in einen Zusammenhang gesetzt, um ihre Wechselwirkungen zu erkennen und zu verstehen. Die eingesetzten Methoden gehören zum Themenspektrum der „Künstlichen Intelligenz“ (KI), zum Beispiel das „Natural Language Processing.“
Am ifid werden bereits einige systemmedizinische Analysen durchgeführt. Eine detaillierte Erklärung dazu gibt Professor Buchkremer in einem Video-Interview mit FOM Dekan und Direktor des Instituts für Gesundheit & Soziales (ifgs) Prof. Dr. David Matusiewicz (FOM in Essen) und Prof. Dr. Jochen A. Werner, dem ärztlichen Direktor und Vorstandsvorsitzenden der Universitätsmedizin Essen. In dem Gespräch, das unter dem Titel „Systemmedizin – neue Zusammenhänge in der Medizin erkennen“ veröffentlicht wurde, geht es auch um grünen Tee, Kuheuter, seltene Erkrankungen und interessante Zusammenhänge, die mit klassischen Ansätzen nicht aufgedeckt werden konnten:
Aktuell werden am Institut auch Informationen zu COVID-19 analysiert. „Dabei tauchten interessante Ähnlichkeiten zu bereits bekannten Krankheiten auf“, so Prof. Buchkremer. Das folgende Bild stellt einen Ausschnitt einer Untersuchung von sog. Milchglaserscheinungen („Ground Glass Opacities“) in der Computertomographie (CT) dar – Phänomene, welche häufig im späteren Verlauf der Erkrankung zu Tage treten:
Zur Analyse einer weiteren konkreten Erkrankung, des Mastzellaktivierungssyndroms (MCAS) hat sich das ifid mit der Uniklinik RWTH Aachen, der Charité Berlin und einer Betroffenen-Gruppierungen zusammengeschlossen, um in Bezug auf die Aufklärung zu unterstützen. Sobald es hierzu Erkenntnisse gibt, werden wir auch darüber hier im Forschungsblog berichten.
Yasmin Lindner-Dehghan Manchadi M.A. | Referentin Forschungskommunikation | 24.04.2020
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