„Wer 50.000 Euro in die Datenanalyse investiert, bekommt das Zwei- bis Dreifache raus“  

Dr. Stefan Ebener

02.10.2017 – Neuronale Netze, Metadaten- und Text-Mining sind die Forschungsschwerpunkte von FOM Research Fellow Dr. Stefan Ebener. Sein Vorteil: Auch als Leiter des europaweiten Verticals „Automotive & Manufacturing“ bei einem internationalen Technologieunternehmen befasst er sich intensiv mit diesen Themen. Über aktuelle Aufgaben und Projekte – sowohl im Job als auch beim ifid Institut für IT-Management & Digitalisierung – spricht er im Interview.

Wo liegt aktuell der Fokus Ihrer Arbeit am ifid? 

Dr. Stefan Ebener: Momentan stehen zwei große Aufgaben an. Zum einen bin ich an der Vorbereitung der Data Science Conference an der FOM Hochschule in Düsseldorf beteiligt, bei der ich u.a. einen eigenen Vortrag halten werde. Die Veranstaltung ist übrigens gedacht als Fortführung des 1. Data Science Forums 2016 in Essen. Zum anderen erstelle ich aktuell gemeinsam mit Prof. Dr. Rüdiger Buchkremer, dem stellvertretenden ifid-Direktor, und weiteren Research Fellows einen Beitrag für die Multikonferenz Wirtschaftsinformatik. Mein Part dreht sich um die Frage, wie die Automobilbranche Data-Mining nutzen kann.

Ein Thema, das auch in Ihrem Job eine große Rolle spielt… 

Dr. Stefan Ebener: Das ist richtig. Ich arbeite bei einem internationalen Technologieunternehmen und bin gerade dabei, ein europäisch ausgerichtetes Vertical mit dem Titel „Automotive & Manufacturing“ auf- und auszubauen. Vertical bedeutet, dass ich ganz unterschiedliche Bereiche einbinde – zum Beispiel Zulieferer, Zulieferer von Zulieferern, Werkstätten und Unternehmen, die Flottenleasing anbieten. Gemeinsam arbeiten wir an Innovationsthemen wie Messdatenmanagement und Connected Car.

Ein Beispiel: Über Sensoren gewinnen wir Daten über den Verschleiß von Reifen, Scheibenwischern oder Getrieben. Solche Informationen sind für den Aftermarket natürlich von großem Interesse. Hersteller können auf ihrer Basis beispielsweise Produkte anpassen bzw. anders ausstatten und sich gegebenenfalls kostspielige Rückrufaktionen ersparen. Im Grunde gilt: Wer 50.000 Euro in die Datenanalyse investiert, bekommt das Zwei- bis Dreifache zurück.

Kein Wunder also, dass das sich immer mehr Unternehmen damit befassen. 

Dr. Stefan Ebener: Das ist ein Riesenthema, und gerade die Autokonzerne stehen hier unter Druck. Denn: Wer die Daten besitzt, hat die Macht. Pro Tag werden 5 bis 50 Terrabyte Daten produziert. Die müssen erstmal gespeichert und dann analysiert werden. Bosch will deshalb beispielsweise 2.000 Software-Entwicklerinnen und Entwickler einstellen.

Stand das Thema Automotive auch im Zentrum Ihrer Master-Thesis? 

Dr. Stefan Ebener: Nein. Es ging aber um Artverwandtes. In meiner Abschlussarbeit beispielsweise habe ich mich mit der Frage beschäftigt, wie technologieaffine Start-ups via Data- und Text-Mining identifiziert werden können. Die Forschung dazu habe ich zusammen mit dem SAS-Institut durchgeführt. Damals war ich noch als Research Fellow am ifes Institut für Empirie & Statistik tätig, bevor ich dann mit der Neugründung des Institut zum ifid gewechselt bin. Betreut wurde die Arbeit übrigens von Prof. Dr. Buchkremer, der auch mein Doktorvater war. Gemeinsam haben wir mehrere Artikel zu dem Themenkomplex veröffentlicht – zum Beispiel in der FOM-Edition Markt- und Absatzprognosen.

Dort haben Sie Einblicke in die Ergebnisse Ihrer Dissertation gegeben… 

Dr. Stefan Ebener: Genau. Der Titel meiner Doktorarbeit lautet „The application of Business Analytics techniques to analyze unstructured text from various sources to complement state-of-the-art opinion leader identification and management in the European public procurement law”. Mithilfe neuronaler Netze habe ich 500 öffentliche Ausschreibungen untersucht. Zielsetzung: Muster und Auffälligkeiten zu identifizieren sowie herauszufinden, wie Hersteller den Prozess der Ausschreibungserstellung beeinflussen können.

Die Idee dazu ist in einer Phase entstanden, während der ich beruflich mit Ausschreibungen zu tun hatte. Ich war überrascht, dass in vielen Dokumenten wiederholt ähnliche oder gar gleiche Anforderungen zu lesen waren und es immer die gleichen fünf bis sechs IT-Unternehmen waren, die entsprechende Verfahren für sich entscheiden konnten. Unter Kollegen haben wir das den IBM-Faktor genannt. Im Zuge meiner Arbeit habe ich dann u.a. neun Strategien entwickelt, mit denen man bestimmte Unternehmen ausschließen konnte. Wer beispielsweise deutschen Support verlangt, kann davon ausgehen, dass kein Start-up den Zuschlag erhält.

Sie haben berufsbegleitend an der UCAM – FOM Doctoral School of Businesspromoviert – on top zu Job, Familie und Freunden. Gibt es so etwas wie ein Erfolgsrezept? 

Dr. Stefan Ebener: Im ersten Jahr habe ich nur abends und am Wochenende an meiner Dissertation gearbeitet. Am Ende dieser zwölf Monate hatte ich zwar viel gelesen, aber nur 20 Seiten zu Papier gebracht, weil doch immer mal wieder was dazwischen gekommen ist. Danach habe ich mein System radikal umgestellt und jeden Morgen von 6:00 bis 8:30 Uhr an meinem Thema gearbeitet. Das hat für mich wunderbar funktioniert. Ein Vorteil war die Kontinuität: Was ich gestern entwickelt hatte, war heute direkt wieder präsent. Darüber hinaus war der Fortschritt, den man sehen kann, sehr motivierend. Das hat sich dann auch positiv auf die Note ausgewirkt: Ich habe summa cum laude abgeschlossen.

Aus welchem Grund haben Sie promoviert? 

Dr. Stefan Ebener: Für mich selbst war eine Promotion zunächst überhaupt kein Thema. Prof. Dr. Buchkremer ist nach meiner Master-Arbeit auf mich zugekommen und hat gefragt, ob ich nicht weiter in diesem Bereich forschen möchte. Da habe ich mir das erste Mal Gedanken darüber gemacht. Nach und nach ist dieses Pflänzchen dann gewachsen und schließlich habe ich ein Exposé eingereicht.

Zahlt sich der Doktortitel beruflich aus? 

Dr. Stefan Ebener: Ich arbeite im Kundenbereich – da hat der Titel in der Tat eine große Wirkung. Man hat automatisch eine Kompetenzvermutung auf seiner Seite. Darüber hinaus werde ich deutlich öfter auch zu bezahlten Vorträgen eingeladen. Das hat natürlich was.

Können Sie sich vorstellen, ganz in die Forschung zu wechseln? 

Dr. Stefan Ebener: Momentan noch nicht, aber der Gedanken, ausschließlich forschend tätig zu sein, hat durchaus seinen Reiz. Vielleicht in ein paar Jahren…