Emotionen im Change-Prozess: Hindernis oder Chance für visionären Wandel?  

11.08.2017 – Gemeinsam mit einem Studierenden der FOM Hochschule bereitet Prof. Dr. Arnd Schaff eine Publikation Artikel zum Thema Führung und Emotionen vor. Einer der Schwerpunkte liegt dabei auf der Frage, welche Rolle Gefühle in Veränderungsprozessen spielen. Erste Einblicke in die gemeinsamen Überlegungen gewährt der Experte des KCT KompetenzCentrum für Technologie- & Innovationsmanagement im Forschungsblog…

Sind Emotionen im Change-Prozess eher ein Hindernis für gradlinig-rationale Veränderungen oder eine große Chance für visionären Wandel? Die Antwort hängt – wie so oft – von vielen Faktoren ab. Zum Beispiel dem Stil der Führung: Eine eher transaktional funktionierende Führungskraft wird Gefühlen eher skeptisch gegenüberstehen. Schließlich sind sie nur schwer kalkulierbar und noch schwerer zu steuern. Und überhaupt: Dem ganzen Thema Emotionalität wird ohnehin zu viel Bedeutung beigemessen. Oder? Transaktionale Führung verlässt sich auf die Organisation von Prozessen und Strukturen. „Die Dinge richtig machen“ lautet die Maxime des Handelns. Ein Zuviel an Emotionen erscheint dabei unnötig und eher Quelle zusätzlicher Belastung als Hilfe im Veränderungsprozess. Anders die transformatorische, visionär ausgerichtete Führungskraft: Sie betrachtet Emotionen als unverzichtbaren Bestandteil der Veränderung. Motivation ohne Emotion erscheint ihr unmöglich, und ohne große Motivation sind wirkliche Veränderungen zum Scheitern verurteilt, so ihre Überzeugung. Gefühle sind ihr aus dem persönlichen Erleben heraus auch sehr vertraut und bilden eine wesentliche Triebfeder für das eigene unternehmerische Handeln.

Erfolgreiche Veränderung braucht beide Führungsanteile! Ein gut organisierter, effizienter Prozess ist der Verdienst transaktionaler Führung, aber ohne die transformatorische Vision und die daraus entstehende Motivation geht dieser Prozess gar nicht erst los und bleibt spätestens bei den ersten größeren Schwierigkeiten stecken. Ein Beispiel: Jede Veränderung ist meist auch von Sorgen der Betroffenen begleitet: Was wird kommen? Welche Rolle werde ich dabei spielen? Und wird es wirklich besser? Diese Fragen gehen einher mit Emotionen: Angst als nach innen gerichtetes Gefühl, aber auch Wut als expressive Äußerung sind zu erwarten. Das ist nicht vermeidbar und natürlicher Teil jedes Wandels. Ein guter Change-Prozess zeichnet sich dadurch aus, wie er mit diesen Emotionen umgeht: Sind sie in aktiver Weise Teil des Wandels oder werden sie als lästiger Störfaktor ignoriert oder eingedämmt? Wird die Emotionalität der Belegschaft und der unteren Führungsebenen als Motivationsfaktor genutzt oder als Risiko gefürchtet?

Eine transformatorische Führungskraft weiß, dass die Bearbeitung der Emotionen ein genau so wichtiger Bestandteil des Veränderungsprozesses ist wie die neu zu organisierenden Prozesse und Strukturen. Der erste Schritt dazu ist die transparente Anerkennung der durch den Wandel ausgelösten Gefühle: Wer fühlt sich eigentlich wie? Was sind die Befürchtungen? Gibt es auch positive Emotionen, die dem Wandel unmittelbar helfen? Im transaktionalen Sinne muss dann die Emotionsbearbeitung organisiert werden: in Form von formellen und informellen Workshops, im kleinen und auch großen Stil, zum Beispiel als Teil eines „World Cafes“.

Eine wichtiger Aspekt darf dabei nicht vergessen werden: die unterschiedlichen Achsen der Kommunikation. Neben der vertikalen top-down oder bottom-up Change Communication gibt es auch noch die horizontale, informelle und oft von der Führung nicht beachtete horizontale Change Communication – in der Abteilung, in der Arbeitsgruppe oder im Team. In diesem Umfeld verbringen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die meiste Zeit des Tages, deshalb gehört diese Achse der Kommunikation ebenso wie die formale Kommunikation auf die Agenda der Planung. Das Gegenteil davon berichtete mir unlängst eine Studierende: In ihrem Unternehmen hatte die Leitung versucht, die informelle Kommunikation in der Kaffeeküche oder auf dem Gang per Dekret zu unterbinden. Man solle das doch bitte lassen, es sei nicht hilfreich. Es darf spekuliert werden, ob sich dadurch die Situation im Unternehmen verbessert hat…

Prof. Dr. Arnd Schaff, KCT KompetenzCentrum für Technologie- & Innovationsmanagement