Globalisierungsgestaltung im Sinne der Nachhaltigkeit – Handlungspotenziale aus entwicklungspolitischer Sicht  

04.11.2016 – Eine nachhaltige Entwicklung ist per Definition eine globale Aufgabe. Wie also sollte die Globalisierung im Sinne der Nachhaltigkeit gestaltet werden und welche Handlungsoptionen bestehen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit? Seit gut einem Jahr liegt nun die Agenda 2030 vor, im September 2015 wurde sie auf einem Gipfel der Vereinten Nationen von allen Mitgliedstaaten unterzeichnet. Ein Jahr später stellt sich noch immer die Frage, mit welchen Herausforderungen die Umsetzung der Sustainable Development Goals verbunden ist. Das Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung/n (FAW/n) hat sich im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz) mit verschiedenen Partnern auf die Suche nach Antworten gemacht. Als FOM Rektoratsbeauftragte für Nachhaltigkeit & Wirtschaftsethik und freie Mitarbeiterin am FAW/n war ich in diesen Prozess eingebunden. Die Ergebnisse habe ich im Oktober 2016 in Berlin vorgestellt – in Anwesenheit von Bundesminister Dr. Gerd Müller.

Wir haben uns in zwei Teilprojekten mit unterschiedlichen Aspekten der Fragestellung befasst. Zum einen ging es um Möglichkeiten und Grenzen der Verankerung von sozialen und ökologischen Standards in globalen Wertschöpfungsketten, dies unter Beachtung des geltenden WTO- und EU-Rechts. Zum anderen haben wir uns mit der konkreten Umsetzung der Sustainable Development Goals aus der Sicht Deutschlands und der deutschen Entwicklungszusammenarbeit befasst. Dabei ist u.a. eine sehr konkrete Empfehlung herausgekommen: Deutschland und Europa sollten ihre Aktivitäten auf Afrika konzentrieren, weil dort in den kommenden Jahren die größten Herausforderungen liegen, nicht nur wegen des dort zu erwartenden größten Zuwachs der Weltbevölkerung. Denkbar wäre beispielsweise ein Marshall Plan mit Afrika mit Eckpunkten wie der Unterstützung beim Aufbau von Sozialsystemen, Bildung, Aktivierung der enormen energetischen Potenziale der Sahara, Förderung von Unternehmertum und (privaten) Investitionen sowie Schaffung von Arbeitsplätzen für junge Menschen.

Auch mögliche Hindernisse auf dem Weg zur Umsetzung der Sustainable Development Goals habe ich in meinem Vortrag zur Sprache gebracht. Ein Beispiel: mangelnde Politikkohärenz. Wenn die Umsetzung der Agenda 2030 das übergeordnete Politikziel werden soll, bedarf es einer wesentlich intensiveren Absprache zwischen verschiedenen Bereichen – insbesondere Wirtschafts- und Umwelt- und Entwicklungspolitik. Das BMZ sollte nicht die „Reparaturwerkstatt“ anderer Ministerien sein. Weitere Hindernisse sind die ungeklärte Finanzierung sowie – mit Blick auf einen fairen Handel – geltende WTO-Regelungen zur Gleichbehandlung von Produkten.

Mein Fazit: Aus Sicht eines Projektmanagers ist der aktuelle Status des Projektes ‚Agenda 2030‘ leider rot. Innerhalb des BMZ werden aktuell verschiedene sehr gute neue Ansätze zur Umsetzung der festgelegten Ziele diskutiert. Ich hoffe, dass sie ihren Weg in die Praxis finden.

Prof. Dr. Estelle L.A. Herlyn, Rektoratsbeauftragte für Nachhaltigkeit & Wirtschaftsethik